Improvisation über ein aktuelles Thema
Ein Essay von Rainer Noll
Das Grundgesetz der BRD beginnt mit den Worten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Letztens hörte ich den Satz:
Der Mensch hat diese Würde aus sich heraus.
Das konnte ich nicht so stehenlassen. Was hat denn „der Mensch“ schon „aus sich heraus“? Ohne diese „Würde“ ist er nicht mehr als ein intelligentes Tier. Hat er sie „aus sich heraus“ – oder was gibt ihm eigentlich diese Würde? Diese im Grundgesetz verankerte Würde geht doch wesentlich auf unsere jüdisch-christliche Tradition zurück, auch wenn dies von Atheisten geleugnet werden mag und mancher sie eher von Kant abgeleitet sieht (aber steht Kant nicht selbst schon in dieser Tradition?). Es ist doch diese Metapher der Gottesebenbildlichkeit in der alttestamentlichen Schöpfungsgeschichte und der damit gegebenen Gotteskindschaft, die allen Menschen erst diese Würde einpflanzt – von selbst hätten wir sie nicht. Niemand, auch der Atheist nicht, verdankt sich sich selbst: wir alle sind Geschaffene und damit Geschöpfe aus einem unergründlichen gemeinsamen Urgrund (egal wie man den nennt). Wir wurden nicht gefragt und haben nichts dazugetan, als wir ins Leben traten, und wir werden auch nicht gefragt, wenn wir dieses wieder verlassen müssen. Alles, was wir haben, haben wir empfangen, wirklich alles, und deshalb betont Paulus immer wieder, dass wir uns nichts rühmen können außer dessen, von dem wir empfangen haben – auch unsere Würde. Luthers letzte Worte sollen ja gewesen sein: „Wir sind Bettler, das ist wahr“ – Habenichtse! „Würde – Krieg – Waffen: Gedankensplitter zu Pfingsten 2022“ weiterlesen