Die „Kulinarische Orgelfahrt“ ins Land Albert Schweitzers und der Silbermannorgeln am 1./2. September 2007
Die traditionelle jährliche „Orgelfahrt“ war auch diesmal ein nachhaltiges Erlebnis für die 34 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die zweitägige Exkursion im modernen klimatisierten Reisebus hatte Kantor Rainer Noll, der in Kelsterbach wirkt und im Er-bacher Hof bei Wiesbaden lebt, für das Evangelische Dekanat Rüsselsheim liebevoll bis ins Detail vorbereitet. Stadtkirchenkantor Jens Lindemann begleitete die Reisegruppe, zu der auch seine Orgelschüler Christian Hopp und Jan Ulzhöfer gehörten, vom Startpunkt am Rüsselsheimer Stadttheater bis ins Ziel und auf den weiteren Wegen durch das Elsaß. Die Anfahrt am sonnigen 1. September dauerte wegen einer LKW-unfallbedingten Autobahntotalsperrung vor Karlsruhe wesentlich länger als geplant. Deshalb musste die erste Station in Straßburg-Kronenburg mit Orgelbesichtigung in der Erlöserkirche übersprungen und auf das Mittagessen in einer typischen Ferme Auberge (Bergbauerngasthof) in den Vogesen verzichtet werden. Die Reisegruppe wurde dafür mit einer Weinprobe mit Gugelhopf im Wein-gut Laurent Bannwarth in Obermorschwihr entschädigt. Dort begrüßte uns Rainer Noll, der schon voraus gefahren war. Die als „kulinarische Orgelfahrt“ apostrophierte Reise sollte ihr verheißungsvolles Versprechen mit gleich mehreren Glanzlichtern einlösen. Die elsässische Küche, die Silbermann-orgeln und die nach Plänen von Albert Schweitzer gebauten Orgeln, die Rainer Noll, Jens Lindemann und Christian Hopp mit Werken von Johann Sebastian Bach und moderneren französischen Meistern zu Gehör brachten sowie der Besuch im Albert-Schweitzerhaus in Günsbach im Münstertal – seinem heimatlichen Refugium, das er 1928 mit dem Geld des Gorthepreises der Stadt Frankfurt bauen ließ, waren wie ein Dreigestirn, das über der Fahrt leuchtete. Untergebracht war die Gruppe, der in der Mehrzahl Gemeindemitglieder aus Kelsterbach und Rüsselsheim angehörten, im „Le
Kleebach“ oberhalb von Günsbach. Im „Kleebach“ einem Ferienzentrum für Sänger und Musikvereine fühlte man sich unwillkürlich an den den wunderbaren franzöischen Film „Die Kinder des Monsieur Matthieu“ erinnert, wenn hinter den Türen Gesang zu vernehmen war. Nach dem Abendessen wurde die erste Orgel in der Pfarrkirche zu Günsbach besichtigt. Sie ist die letzte nach Schweitzers Plänen 1961 von Alfred Kern gebaute Orgel. Dessen Sohn Daniel Kern hat die Orgel in der wieder auferstandenen Frauenkirche in Dresden geschaffen. Die schon erwähnten drei Organisten sorgten für die Atmosphäre kirchenmusikalischer Andacht. Am Sonntag stand zunächst der Besuch im Wohnhaus Albert Schweitzers, dessen Räume größtenteils im Originalzustand belassen sind, auf dem Programm. Hier hat Rainer Noll in den Jahren 1982-89 den musikalischen Nachlass des großen Menschenfreundes, Urwaldarztes, Organisten und Komponisten geordnet und katalogisiert. Der Aufenthalt im Arbeits- und im Wohnzimmer des Nobel- und Goethe-preisträgers mit dem gleichen Ausblick auf seinen wunderschönen Garten, den er ge-nossen hat, zählt sicherlich nicht nur zu den Höhepunkten der Reise in das Land der Silbermannorgeln und der „Elsässischen Orgelreform“, deren Initiator Albert Schweitzer war, sondern auch zu den Höhepunkten im Leben der Exkursionsteilneh-mer. Der spiritus des Urwaldarztes und Lambarenes waren in seinem Haus gegen-wärtig. Ihm zu Ehren nahm die Gruppe anschließend am Festgottesdienst anlässlich seines 42. Todestages (am 4.9.) in der Pfarrkirche Günsbach teil. Die Predigt im Gottesdienst in deutscher und französischer Sprache hielt Dr. Bernard Kaempf, Theologieprofessor in Straßburg. Nach diesem spirituellen Erlebnis hieß es Abschied nehmen von Günsbach und Albert Schweitzer. Colmar und die L’Eglise St. Matthieu mit der restaurierten Silbermannorgel von 1732 waren das nächste Reiseziel. Rainer Noll, Jens Lindemann und Christian Hopp musizierten zu aller Freude auch hier. Zur Erinnerung an den Klang dieser Orgel konnten bei Rainer Noll CD‘s mit Live-Orgelmitschnitten von Konzerten, die er an dieser Orgel von 2002 bis 2006 gegeben hatte, erworben werden. „Wer ist die schönste Orgel im ganzen Land (Elsass) ?“ könnte man fragen. Die Antwort hierauf wurde am letzten Zielort Ebersmünster in der Abteikirche St. Maurice, der schönsten Barockkirche des Elsass, gegeben. Hier – an der besterhaltenen Silbermannorgel – zogen Rainer Noll, Jens Lindemann und auch Christian Hopp mit wahrer Spielfreude und großer Freude über dieses schöne Instrument alle Register. Gegenüber der Abteikirche, im Restaurant „Des Deux Clefs“, wurde das vorbestellte elsässische Menue in zwei Variationen eingenommen.
Gerne hätten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der „Kulinarischen Orgelfahrt“ 2007 hier den Abend noch länger ausklingen lassen. Nach einer wahrhaft erlebnisreichen und stimmungsvollen Exkursion kehrte der Reisebus am Sonntag-abend um exakt 23 Uhr an seinen Ausgangspunkt in Rüsselsheim zurück. Der letzte Satz dieses Reiseberichtes gilt Rainer Noll: Herzlichen Dank !
Christian Torsten Otto