Die Altistin Ute von Genat, u. a. bekannt durch ihre Meisterkurse in Frankreich und Italien, sang am Karfreitag in der Martinskirche, gerade in ihrer Schlichtheit ergreifend, Passionslieder von Johann Sebastian Bach, dessen ältestem Sohn Carl Philipp Emanuel und Josef Haydn (zum 200. Todesjahr). Auf der Orgel begleitete sie Rainer Noll – das erste Mal wieder seit 41 Jahren! Damals, im März 1968, wirkten beide zusammen in einem spektakulären Konzert der Gutenbergschule in Wiesbaden. Noll war Abiturient, Ute von Genat Sextanerin. Sie fand ihn im Januar wieder übers Internet, und so kam es zu dieser beeindruckenden Passionsmusik.
Solistisch spielte Noll auf gewohnt hohem Niveau selten zu hörende Orgelwerke von Johann Gottfried Walther, Felix Mendelssohn Bartholdy (200. Geburtsjahr), Johannes Brahms, Harald Genzmer (100. Geburtsjahr) und vor allem zwei Partiten über „Korn, das in die Erde“ und „Holz auf Jesu Schulter“ des in Berlin lebenden Lothar Graap (geb. 1933), der Nolls Interpretationen seiner Werke besonders schätzt. Diese boten ihm die Möglichkeit, den Klangfarbenreichtum „seiner“ Orgel bis an die Grenzen der Phantasie auszureizen; er überraschte immer wieder, aber stets mit noblen Klängen.
Im Programmheft hatte Noll alle Passionsmusiken seit 1979 zusammengestellt, die er noch dazu komplett auf CD als Live-Mitschnitte anbot – eine einzigartige, grandiose Dokumentation dieser 30 Jahre!
Auch Pfr. Bremer, der sich mit passenden Lesungen einbrachte, nannte die „30 Jahre Passionsmusiken“, allerdings ohne Erwähnung dessen, der sie begründet und bis heute stetig zu großer künstlerischer Reife geführt hat: Kantor Rainer Noll. Stadtrat Ernst Freese würdigte, auch im Namen und in Vertretung Bürgermeister Manfred Ockels, diese seltene Leistung anschließend im kleinen Kreis.
Eckard B. Gandela