An den Herrn Bürgermeister
der Stadt Kelsterbach am Main,
Herrn Scherer
Dr. Albert Schweitzer
Lambarene. Gabun
Franz. Aequatorial[a]frika
Juni 1956
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sie und der Magistrat der Stadt tun mir die Ehre an, eine Strasse im neuen Umlegungsgebiet nach mir zu benennen zu wollen [sic!]. Ich danke Ihnen dafür und gebe Ihnen gerne meine Einwilligung. Ich finde es schön, dass die Strasse der Kirchen nach mir heißt. Wenn man fern in der Welt lebt, wo keine Kirchen sind, dann weiss man es zu schätzen, dass in der europäischen Heimat, die Häuser sich um die Kirche schaaren [sic!] und am Sonntag die Glocken zum Kirchgang einladen. Mögen die Kirchen dem neuerstehenden Stadtteil zum Segen gereichen.
Ich schreibe in der Nacht nach einem schweren Tag. Wollen Sie, bitte, den Herren des Stadtrats, den Herren der Geistlichkeit und der Einwohnerschaft meine besten Grüsse ausrichten. Nun hab ich den grossen Atlas vom Schaft gelangt und auf den ersten Blick Kelsterbach gefunden. Die Strecke Frankfurt Mainz habe ich so manchesmal zurück gelegt, als ich noch Zeit hatte zu reisen. Die liebliche Landschaft ist mir in Erinnerung geblieben. Lassen Sie mich, bitte wissen, wann die Strasse eingeweiht wird, damit ich in der Ferne in Gedanken dabei bin. Mit besten Gedanken, gestern hier angekommen:
Ihr ergebener Albert Schweitzer