Fachwerktraum in Ochsenblutrot

Der Erbacher Hof in Nordenstadt wird 400 Jahre alt / Jubiläumskonzert am Samstag Frankfurter Rundschau, 12.8.2011

Es ist das älteste Haus im Dorf, wenn man einen Stadtteil von Wiesbaden wie Nordenstadt noch als Dorf bezeichnen darf. Es ist, liebevoll renoviert, in Privatbesitz. Aber es gibt am Samstag trotzdem eine quasi offizielle Vierhundertjahrfeier, wie es sich gehört mit Musik. Denn der Inhaber Rainer Noll ist Dirigent und Kirchenmusiker, der sein Eigentum auch gern bespielt. Er ist ihm ein Anliegen, die Tradition des Erbacher Hofes an der Heerstraße hochzuhalten. Deshalb sorgt er nun bereits zum 22. Mal für das Konzert, das unter dem Namen Torhauskonzert in Nordenstadt ein Begriff geworden ist.

Noll, das muss man immer hinzufügen, ist Hausherr im Erbacher Hof in Nordenstadt – um Verwechslungen vorzubeugen. Denn einen Erbacher Hof gibt es auch in Mainz. Noll kann auch den Namen erklären. Denn der stammt vom Kloster Eberbach. Der Erbacher Hof, vom mundfaulen Volk so verkürzt, meint Noll, war ein Sammel- und Verwaltungszentrum für die Ländereien und Erträge des Klosters.

Nachweislich wurde 1611 das Wohnhaus errichtet, das heute noch besteht und damit das älteste Haus in Nordenstadt sein dürfte. Im Haus wurde eine entsprechende Jahreszahl entdeckt, die auf das Entstehungsjahr deutet. Außerdem ergaben Untersuchungen der Hölzer die gleiche zeitliche Einordnung.

Das Schmuckfachwerk mit seiner repräsentativen Ornamentik deute auf die Funktion als Herr- schaftshauses hin. Nicht alle Bewohner sind bekannt, aber vereinzelt sind die urkundlich erwähnt -wie im 17. Jahrhundert der Amtmann der Herrschaft Eppstein, Adam Reinhardt Heroldt.

„Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Gehöft im Besitz meines Ururgroßvaters Johann Georg Stemler“, berichtet Rainer Noll. Dieser Urahn sei es auch gewesen, der 1849 das Torhaus errichtete, das jetzt den Konzerten seinen Namen gibt.

Noll fiel das Erbe des Anwesens in der Heerstraße 15 im Jahre 1984 zu. Da sei für ihn der Zeitpunkt gekommen gewesen, das Erbe als „anvertrautes Gut“ zu werten , in der „die Arbeit von Generationen steckt“. Mit der Übernahme des Traditionsgehöfts, so berichtet Noll, sei auch ein Funktionswandel verbunden gewesen. Er sei der erste Besitzer gewesen, der „den Hof nicht mehr als landwirtschaftliches Produktionsmittel“ genutzt habe.

Noll ergründete die historischen und architektonischen Zusammenhänge, um zu gestalten und zu erhalten. So nahm er an einem Lehrgang für Fachwerkrestaurierung in Herrstein im Hunsrück teil. Für das Fachwerk ließ er sogar ein Farbgutachten erstellen. Ergebnis: Das Fachwerk wurde wieder im ursprünglichen Ochsenblutrot gestrichen.

Das 22. Torhauskonzert im Erbacher Hof, Heerstaße 15, Nordenstadt beginnt am Samstag, 13. August, um 17 Uhr mit dem Pfeiffer-Trompeten-Consort, der Eintritt kostet 17 Euro.

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