Musikalische Meditation an Karfreitag – Jahrtausende berühren sich

(erschienen in „Kelsterbach Aktuell“, 13.4.2012)

Vor 33 Jahren begründete Kantor Rainer Noll die Passionsmusiken an Karfreitag. Trotz so langer „Routine“ und kürzlicher schwerer Erkrankung ließ er es sich nicht nehmen, auch für die Musikalische Meditation zur Todesstunde Jesu am vergangenen Karfreitag in St. Martin in Kelsterbach wieder ein völlig neues Programm zu erarbeiten und in gewohnt ausgereifter Meisterschaft zu präsentieren und auch im Programmheft profund zu kommentieren.

Zu Beginn sang die Heidelberger Sopranistin Eva Lebherz-Valentin stilsicher und sauber intoniert ein einstimmiges gregorianisches „Kyrie“ aus dem 11. Jahrhundert, dem Noll an der Orgel Bachs 700 Jahre später komponierten Manualiter-Bearbeitungen dieser Melodie aus dessen „Clavierübung III“ hochexpressiv gegenüber stellte. 300 Jahre früher als die Kyrie-Melodie entstand die ebenfalls gregorianische Weise von „Christe, du Schöpfer aller Welt“ (9. Jahrhundert). 1200 Jahre später schrieb Lothar Graap (geb. 1933) seine zehn einfühlsamen Orgel-Variationen über dieses Lied, bei denen Noll wieder mit überraschenden Klangfarben sein Publikum zu fesseln wusste. Zwischen diese Variationen verwoben sang Eva Lebherz-Valentin a capella die sechs Strophen das Chorals. Damit alternierend las Pfarrvikarin Inga von Gehren die 2000 Jahre alte Passionsgeschichte nach Matthäus. Ein dreiteiliges Geistliches Konzert „Gott ist treu“, ebenfalls von Lothar Graap, nahm das zuvor gelesene Kreuzeswort Jesu „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ auf und verwendete weit über 2000 Jahre alte Texte aus dem Alten Testament, endend mit der Friedensvision des Propheten Micha. In diesem ausdrucksstarken, atmosphärisch-anrührenden Werk erklangen erstmals Sopran und Orgel als Steigerung zum Abschluss zusammen, wobei Eva Lebherz-Valentin ihre ausgefeilte Kunst der Deklamation und Rainer Noll sein Können als sensibler, präziser Begleiter zeigen konnten. Mühelos fügten sich alle Elemente dieser Meditation aus verschiedenen Jahrhunderten und Jahrtausenden zu einem tief beeindruckenden Gesamtkunstwerk.

Die hier gebotene hohe Qualität zog nicht nur Kelsterbacher, sondern auch wieder zahlreiche Besucher aus dem Umland in die Martinskirche.

Eckard B. Gandela, Frankfurt am Main

Musikalische Meditation zur Todesstunde Jesu (2012)

Wie schon in den vergangenen Jahren, so lädt die St. Martinsgemeinde auch in diesem Jahr wieder zu einer

Musikalischen Meditation zur Todesstunde Jesu

am Karfreitag, dem 06. April 2012,

um 15 Uhr in der

St. Martinskirche zu Kelsterbach .

Diese Passionsmusiken an Karfreitag hat Kantor Rainer Noll vor 33 Jahren begründet.

Diese Passionsmusiken an Karfreitag hat Kantor Rainer Noll vor 33 Jahren begründet. Im Zentrum steht diesmal das dreiteilige geistliche Konzert „Gott ist treu“ von Lothar Graap (geb.1933): Klage, Antwort, Hoffnung – ausgehend von Jesu Kreuzeswort „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Es wird gesungen von der Heidelberger Sopranistin Eva Lebherz-Valentin. An der Orgel begleitet Rainer Noll, der außer der Passions-Partita „Christe, du Schöpfer aller Welt“ (EG 92), ebenfalls von Lothar Graap, auch die kleinen Kyrie-Bearbeitungen aus „Clavierübung Teil III“ von Johann Sebastian Bach spielt.

Die Lesungen hält Pfarrvikarin Inga von Gehren.

Diese Musikalische Meditation zu Jesu Leiden und Sterben bietet eine intime Alternative zu den großen Passionsaufführungen.

Der Eintritt ist frei, am Ausgang wird um eine Spende für die Kirchenmusik gebeten.

Musikalische Karfreitagsmeditation in St. Martin

Wieder hatte Kantor Rainer Noll ein in Kelsterbach noch nie gehörtes Programm für die „Musikalische Meditation zur Todesstunde Jesu“ am vergangenen Karfreitag in der St. Martinskirche ausgearbeitet. Und wieder typisch für Noll: Neben Johann Sebastian Bach erklangen wieder Werke eines Zeitgenossen, hier Lothar Graap (geb. 1933). Von ihm sang der gefragte Berliner Tenor von der Staatsoper Unter den Linden, Christoph Leonhardt, drei Passionsgesänge, sensibel begleitet von Noll an der Orgel. In diesen schwebenden Gesängen, deren Verhaltenheit und äußere Schlichtheit den Hörer von ihrer Schwierigkeit nichts ahnen lässt, konnte Leonhardt in aller Bescheidenheit seine vollendete Stimmkunst zeigen.

Im Zentrum stand der Choral „Kreuz, auf das ich schaue“ (Melodie von Lothar Graap), zunächst unbegleitet von Christoph Leonhardt vorgetragen, dann üppig entfaltet in Graaps zwölfteiliger Partita über sein eigenes Lied. Nolls Einfallsreichtum und Raffinesse im Gebrauch der Klangfarben seiner Orgel ließ wieder erstaunen.

Hier wurde wieder deutlich, dass der Jahrhunderte alte Baum des reichen Schatzes protestantischer Kirchenmusik, dem auch Bach angehört, bis heute wunderbare Früchte trägt, die nur gepflückt sein wollen, statt ignoriert zu werden zugunsten seichter kommerzieller Musik.

Dazwischen interpretierte Rainer Noll vier Präludien mit Passionscharakter aus Johann Sebastian Bachs berühmter Sammlung „Das Wohltemperierte Clavier“ in f-moll, g-moll, a-moll und h-moll. Diesen eigentlich für das Cembalo gedachten Werken gewann Noll auf der Orgel ganz besondere Reize ab, die das Cembalo so gar nicht hergibt. In diesen reifen Schöpfungen von größtmöglicher Verinnerlichung zeigte sich, wie weit sich Nolls Interpretation von allem „Gängigen“ (um nicht zu sagen „Eingängigen“) entfernt hat. Auf einem langen Weg des spirituellen Ringens ist dieser Interpret zu immer höherer Vergeistigung gelangt, die sich in größter Einfachheit ausdrückt.

Die Passionslesungen zwischen der Musik wurden äußerst dezent vorgetragen von Pfarrvikarin Inga von Gehren.

Eckard B. Gandela

Musikalische Meditation zur Todesstunde Jesu (2011)

Wie schon in den vergangenen Jahren, so lädt die St. Martinsgemeinde auch in diesem Jahr wieder zu einer

Musikalischen Meditation zur Todesstunde Jesu

am Karfreitag, dem 22. April 2011,

um 15 Uhr in der

St. Martinskirche zu Kelsterbach .

Diese Passionsmusiken an Karfreitag hat Kantor Rainer Noll vor 32 Jahren begründet.

Im Zentrum stehen diesmal drei Sologesänge zur Passion von Lothar Graap (geb. 1933): „Fürwahr, er trug unsre Krankheit“, „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ und „Herr ist Jesus Christus“. Sie werden gesungen von dem Berliner Tenor Christoph Leonhardt (Staatsoper Unter den Linden). An der Orgel begleitet Rainer Noll, der außer der Partita „Kreuz, auf das ich schaue“, ebenfalls von Lothar Graap, auch das Präludium h-moll aus dem ersten Teil und die Präludien f-moll, g-moll, und a-moll aus dem zweiten Teil der Sammlung „Das Wohltemperierte Clavier“ von Johann Sebastian Bach spielt.

Die Lesungen hält Pfarrvikarin Inga von Gehren.

Diese Musikalische Meditation zu Jesu Leiden und Sterben bietet eine intime Alternative zu den großen Passionsaufführungen.

Der Eintritt ist frei, am Ausgang wird um eine Spende für die Kirchenmusik gebeten.

Musik zur Todesstunde Jesu – von innig bis brutal

Wenn man glaubt, nach fast vierzig Jahren Spiel auf der Martinskirchenorgel sei wohl alles gesagt, so hat Kantor Rainer Noll seine Zuhörer am Karfreitag eines Besseren belehrt. Immer wieder wartet dieser kreative Klangzauberer mit neuen Werken und ungeahnten Klängen seiner Orgel auf.

Gleich zu Beginn ein herzzerreißendes Präludium und Fuge f-moll des Bach-Lieblingsschülers Johann Ludwig Krebs mit hochgespannten Akkorden und schmerzlicher Chromatik, ganz aus dem Geiste Bachs geschaffen. Dann mehrere äußerst expressive Werke des Meisters selbst: „O Mensch, bewein dein Sünde groß“ Bachwerkeverzeichnis (BWV) 622, „An Wasserflüssen Babylon saßen wir und weinten“ BWV 653 (Melodie „Ein Lämmlein geht“), die große, sehr selten zu hörende Bearbeitung „O Lamm Gottes, unschuldig“ BWV 656 und „Herzlich tut mich verlangen nach einem sel’gen End“ BWV 727 (Melodie „O Haupt voll Blut und Wunden“).

Typisch für Nolls Programmgestaltung, dass das Schaffen der Gegenwart nicht fehlen darf. Die Variationen über „Nun gehören unsre Herzen ganz dem Mann aus Golgatha“ von Lothar Graap (geb. 1933) wirkten nach Bach fast harmlos-verspielt. Ganz anders die große Choralfantasie „O Haupt voll Blut und Wunden“ von Christoph Nogay (geb. 1941), die dem „Programm eine Dornenkrone aufsetzte“ (so Noll in seinen Erläuterungen). Dieses unmittelbar unter die Haut gehende Werk reizt die ganze Palette von meditativer Innigkeit bis zur fast brutalen Darstellung der Kreuzigung voll aus.

Das „Markenzeichen“ von Nolls Interpretationen sind die ergreifende Beseeltheit und Wärme und die jede Veräußerlichung meidende glutvolle Intensität, und damit gehört er zu einer einsamen Spitze der internationalen Orgelszene. Der fast vergessene Geist des Orgelspiels Albert Schweitzers wird bei ihm immer wieder gegen den Trend der Zeit lebendig.

Trotz des sonnigen Karfreitagswetters hatten wieder viele dankbare Besucher aus nah und fern in die Martinskirche gefunden.

Eckard B. Gandela