Musikalische Meditation zur Todesstunde Jesu 2010

Wie schon in den vergangenen Jahren, so lädt die St. Martinsgemeinde auch in diesem Jahr wieder zu einer

Musikalischen Meditation zur Todesstunde Jesu

am Karfreitag, dem 02. April 2010,

um 15 Uhr in der

St. Martinskirche zu Kelsterbach.

Rainer Noll, der diese Karfreitagsmusiken vor 31 Jahren begründete, spielt auf der Förster & Nicolaus-Orgel u. a. die großen Choralbearbeitungen „O Lamm Gottes, unschuldig“ und „An Wasserflüssen Babylon“ von Johann Sebastian Bach, Präludium und Fuge f-moll des Bach-Schülers Johann Ludwig Krebs, die Partita über „Nun gehören unsre Herzen“ von Lothar Graap (geb. 1933) und die Choralfantasie „O Haupt, voll Blut und Wunden“ von Christoph Nogay (geb. 1941).

Diese Musikalische Meditation zu Jesu Leiden und Sterben bietet eine intime Alternative zu den großen Passionsaufführungen.

Der Eintritt ist frei, am Ausgang  wird um eine Spende für die Kirchenmusik gebeten.


Programm

Johann Ludwig Krebs (1713 – 1780)

Präludium und Fuge f-moll

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)

„O Mensch, bewein dein Sünde groß“ BWV 622

G E B E T

Lothar Graap (* 1933)

„Nun gehören unsre Herzen ganz dem Mann aus Golgatha“

(Partita für Orgel: Choral und sechs Variationen)

L E S U N G

Johann Sebastian Bach

„Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“

(„An Wasserflüssen Babylon“ BWV 653)

L E S U N G

„O Lamm Gottes, unschuldig“ BWV 656

L E S U N G

„O Haupt voll Blut und Wunden“

(„Herzlich tut mich verlangen“ BWV 727)

V A T E R U N S E R  U N D  S E G E N

Christoph Nogay (* 1941)

Choralfantasie „O Haupt voll Blut und Wunden“

S T I L L E

 

Lesungen: Klaus Preußner

Wir bitten um eine Kollekte zur Pflege der Kirchenmusik

Zu den Komponisten

Johann Ludwig Krebs wurde 1713 in Buttelstedt bei Weimar geboren. 1726 – 35 Besuch der Thomasschule in Leipzig, wo er Lieblingsschüler Johann Sebastian Bachs war (Bach: „Er ist der einzige Krebs in meinem Bach.“). 1737 – 43 Organist an der Marienkirche Zwickau. 1744 – 56 Schlossorganist in Zeitz. Ab 1756 bis zu seinem Tode im Jahre 1780 Schlossorganist in Altenburg. – Präludium und Fuge f-moll kann Bach als Vorbild nicht verleugnen. Dem chromatisch abwärtsgeführten Thema der Fuge ist gleich von Beginn an ein Kontrapunkt beigegeben (Doppelthema). Ganz am Ende bringt Krebs dieses Thema gespiegelt im Pedal und führt es dann zwischen Bass und Tenor eng.

Lothar Graap wurde 1933 in Schweidnitz/Schlesien geboren. 1946 Unterricht am Konservatorium Görlitz. 1950 – 54 Studium an der Kirchenmusikschule Görlitz bei Eberhard Wenzel (Theorie und Komposition) und Horst Schneider (Orgel) mit Abschluss B-Prüfung. 1954 Kirchenmusiker in Niemegk/Kreis Belzig. 1957 Kantor an der Klosterkirche Cottbus. 1975 A-Prüfung. 1981 Kirchenmusikdirektor. 1991 Dozent für Orgelspiel am Cottbuser Konservatorium. Seit 1998 wohnhaft in Schöneiche bei Berlin. – Die Partita „Nun gehören unsre Herzen“ spielt nach dem Choral in sechs Variationen mit dem Themenmaterial des Liedes (Text wird vorher verlesen).

Johann Sebastian Bach wurde am 21. März 1685 in Eisenach geboren. 1703 – 07 Organist in Arnstadt. 1707 – 08 Organist an St. Blasius in Mühlhausen. 1708 – 17 Hoforganist, Cembalist und Violinist (seit 1714 auch Hofkonzertmeister) in Weimar. 1717 – 23 Hofkapellmeister in Köthen. Ab 1723 Kantor der Thomaskirche und „Kirchenmusikdirektor“ der Stadt Leipzig, wo er am 28. Juli 1750 starb. – Die Melodie von „O Mensch, bewein dein Sünde groß“ erklingt in der Oberstimme umspielt und ausgeziert, wodurch der Text äußerst ausdrucksvoll und „sprechend“ ausgedeutet wird. Bei den Worten „dass er für uns geopfert würd“ erklingt im Bass schmerzliche Chromatik. Die folgende Zeile „trüg unsrer Sünde schwere Bürd“ schleppt sich unter Ächzen und Stöhnen zum höchsten Ton des Stückes, und der Schluss „wohl an dem Kreuze lange“ erfährt seine Darstellung in der verlangsamten, lang hingezogenen Kadenz (Bach schreibt „Adagissimo“ vor). – Die Bearbeitung über „Ein Lämmlein geht“ schrieb Bach eigentlich über den Choral „An Wasserflüssen Babylon“, wobei beide Texte zur selben Melodie gesungen werden und von der gleichen Thematik von Leid und Schmerz erfüllt sind. Dies bringt er auf subtile Art zum Ausdruck, vor allem durch dissonanzreiche Harmonik. Die Melodie liegt hier im Tenor. – Bei „O Lamm Gottes, unschuldig“  (ein in Strophen gefasstes „Agnus Dei“) vertont Bach alle drei Textstrophen. Die ersten beiden textgleichen Strophen charakterisieren das unschuldige, allzeit geduldige Gotteslamm, das sich in überlegener Gelassenheit und Abgeklärtheit für die Sünden der Welt zur Schlachtbank führen lässt (Melodie erst in der Ober-, dann in der Mittelstimme). Die dritte Strophe (Melodie im Bass) beginnt in freudiger Triolenbewegung, die bei den Worten „all Sünd hast du getragen“ in einen ausgelassenen Tanz ums Goldene Kalb als Urbild des Abfalls von Gott (= Sünde) übergeht. Bei dem Wort „sonst müssten wir verzagen“ bricht das ekstatische heidnische Treiben jäh zusammen und mündet unvermittelt in grausige chromatische Harmoniefolgen, den Opfertod Jesu symbolisierend. In der letzten Zeile mit der Friedensbitte „gib uns dein Frieden, o Jesu“ (dem „Dona nobis pacem“) lässt Bach überraschend die himmlischen Heerscharen der Engel über dem Kreuz von Golgatha auf- und niederschweben, die an Weihnachten über dem Stall von Bethlehem im „Gloria“ den Hirten verkündet hatten: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Frieden auf Erden…“ Damit gibt Bach dem „Agnus Dei“ eine tiefe theologische Bedeutung und bringt es in enge Beziehung zum „Gloria“, Geburt und Tod Jesu als die Eckpfeiler seines Erlösungswerkes verbindend: Was die Engel von Bethlehem verheißen haben, wird auf Golgatha eingelöst und findet hier seine Vollendung – Jesus nimmt die Sünden der Welt auf sich und führt uns damit innerlich zum Frieden. Über dem Kreuz singen die Engel der erlösten Menschheit nochmals ihr „Gloria in excelsis Deo, et in terra pax“ zu. Das strahlende A-dur und der aufsteigende Schluss des Werkes verweisen bereits auf Ostern. – Den Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“ behandelt Bach auf schlichte, ergreifende Weise.

Christoph Nogay wurde am 1. November 1941 in Breslau geboren. 1945 Evakuierung nach Bayern. Nach einer Diakonenausbildung Studium der Kirchenmusik in Bayreuth (C-Prüfung), Schlüchtern (B-Prüfung) und Köln (A-Prüfung/Staatsexamen). Er wirkte mehrere Jahrzehnte an der Apostelkirche in Bonn. – Nogays Choralfantasie über „O Haupt voll Blut und Wunden“ setzt dem heutigen Programm eine Dornenkrone auf. Sie verbindet harmonische Melodik mit neuen Satztechniken und Stilelementen und ist rondoartig aufgebaut. Formale und symbolische Bedeutung hat die Dreiteiligkeit, wie sie sich in Wiederholungen und im Aufbau der einzelnen Teile findet. Das Werk schließt nach einem meditativen Mittelteil und der Wiederholung des erweiterten Pedalsolos mit dem notengetreuen Choralsatz „O Haupt voll Blut und Wunden“ aus J. S. Bachs Matthäuspassion. An den jeweiligen Zeilenenden ist das B·A·C·H – Namensmotiv klingend in Tönen angebracht, das die Bachsche Tonalität harmonisch ins 20. Jahrhundert erweitert. Mit dem Choralsatz-Zitat und diesem genialen Kunstgriff erweist Nogay dem Thomaskantor kompositorisch seine Reverenz.

Rainer Noll

Dreißig Jahre Passionsmusiken in St. Martin – Musik zur Todesstunde Jesu

(erschienen am 24.04.2009 in Kelsterbach Aktuell)

Die Altistin Ute von Genat, u. a. bekannt durch ihre Meisterkurse in Frankreich und Italien, sang am Karfreitag in der Martinskirche, gerade in ihrer Schlichtheit ergreifend, Passionslieder von Johann Sebastian Bach, dessen ältestem Sohn Carl Philipp Emanuel und Josef Haydn (zum 200. Todesjahr). Auf der Orgel begleitete sie Rainer Noll – das erste Mal wieder seit 41 Jahren! Damals, im März 1968, wirkten beide zusammen in einem spektakulären Konzert der Gutenbergschule in Wiesbaden. Noll war Abiturient, Ute von Genat Sextanerin. Sie fand ihn im Januar wieder übers Internet, und so kam es zu dieser beeindruckenden Passionsmusik.

Solistisch spielte Noll auf gewohnt hohem Niveau selten zu hörende Orgelwerke von Johann Gottfried Walther, Felix Mendelssohn Bartholdy (200. Geburtsjahr), Johannes Brahms, Harald Genzmer (100. Geburtsjahr) und vor allem zwei Partiten über „Korn, das in die Erde“ und „Holz auf Jesu Schulter“ des in Berlin lebenden Lothar Graap (geb. 1933), der Nolls Interpretationen seiner Werke besonders schätzt. Diese boten ihm die Möglichkeit, den Klangfarbenreichtum „seiner“ Orgel bis an die Grenzen der Phantasie auszureizen; er überraschte immer wieder, aber stets mit noblen Klängen.

Im Programmheft hatte Noll alle Passionsmusiken seit 1979 zusammengestellt, die er noch dazu komplett auf CD als Live-Mitschnitte anbot – eine einzigartige, grandiose Dokumentation dieser 30 Jahre!

Auch Pfr. Bremer, der sich mit passenden Lesungen einbrachte, nannte die „30 Jahre Passionsmusiken“, allerdings ohne Erwähnung dessen, der sie begründet und bis heute stetig zu großer künstlerischer Reife geführt hat: Kantor Rainer Noll. Stadtrat Ernst Freese würdigte, auch im Namen und in Vertretung Bürgermeister Manfred Ockels, diese seltene Leistung anschließend im kleinen Kreis.

 Eckard B. Gandela

Musikalische Meditation zur Todesstunde Jesu 2009

Seit 30 Jahren Passionsmusiken unter Rainer Nolls Leitung

Wie schon in den vergangenen Jahren, so lädt die St. Martinsgemeinde auch in diesem Jahr wieder zu einer

Musikalischen Meditation zur Todesstunde Jesu

am Karfreitag, dem 10. April 2009,

um 15 Uhr in der

St. Martinskirche zu Kelsterbach.

Auf dem Programm stehen Werke von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Gottfried Walther, Josef Haydn (200. Todesjahr), Felix Mendelssohn Bartholdy (200. Geburtsjahr), Johannes Brahms, Harald Genzmer (100. Geburtsjahr) und Lothar Graap (geb. 1933).

Die Solisten sind Ute von Genat, Alt, und Rainer Noll, Orgel.

Passionslesungen: Pfr. Joachim W. Bremer.

1979 – 2009: Seit 30 Jahren finden in St. Martin Passionsmusiken statt und stehen immer noch unter der Leitung ihres Gründers, Kantor Rainer Noll. Aus diesem Anlass werden diesmal am Ausgang erstmalig und einmalig zahlreiche CDs mit Live-Aufnahmen der Passionsmusiken seit 1980 angeboten. Sie enthalten eine Vielfalt expressiver Werke, wobei besonders auch das kompositorische Schaffen der Gegenwart einbezogen ist.

Diese Musikalische Meditation zu Jesu Leiden und Sterben bietet eine intime Alternative zu den großen Passionsaufführungen.

Musik zur Todesstunde Jesu in St. Martin – zwischen Tradition und Wagnis

(erschienen am 4.4.2008 in Kelsterbach Aktuell)

Kontrastreich und weit gespannt war der Bogen der diesjährigen „Meditation zur Todesstunde Jesu“. Bachs noch suchendes Jugendwerk „Ach Herr, mich armen Sünder“ aus der erst vor einigen Jahren aufgefundenen Neumeister-Sammlung eröffnete die Meditationsmusik. Darauf folgten Arien aus „Requiem“ bzw. „Stabat Mater“ von Dvo?ák, Pergolesi, Fauré und Rossini, dessen „Agnus Dei“ aus der „Petite Messe Solenelle“ die Meditation beschloss – mit opernhafter Dramatik vorgetragen von der Mezzosopranistin Simone Garnier, begleitet von dem hervorragenden russischen Akkordeonisten Alexandre Bytchkov aus St. Petersburg.

Im Zentrum standen drei Werke von Lothar Graap zu dessen 75. Geburtstag in diesem Jahr: ganz schlicht im Gegensatz zu den romantischen Gesängen überraschte Simone Garnier mit zwei geistlichen Liedern „Fürwahr, er trug unsere Krankheit“ und „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Diese umrahmten die 14 Stationen des „Kreuzweges“ für Orgel nach im Programmheft zu findenden Graphiken von Katharina Volbers und Texten von Arnim Juhre, rezitiert von Pfr. Joachim Bremer. Die in völligem Kontrast zum Rest des Programmes stehende zeitgenössische Musik forderte vom Hörer große Offenheit, sich auf neue und ungewohnte Klänge einzulassen und sich von der Klangmalerei der Orgel inspirieren zu lassen: der Tod Jesu wurde nicht ästethisch „genossen“, sonder grausig-wahr erlebt. Kunst wird hier zum herausfordernden Kommunikationsmedium. Man mag dazu stehen wie man will: gut ist, dass Kantor Rainer Noll überhaupt solche Musik eines lebenden Komponisten anbietet, professionell zu Gehör bringt und damit überhaupt erst zur öffentlichen Diskussion stellt.

Musikalische Meditation zur Todesstunde Jesu 2008

Sankt Martinskirche Kelsterbach

Karfreitag, 21. März 2008, 15 Uhr

(im Rahmen „450 Jahre evangelisches Kelsterbach 1558 – 2008“)

Auf dem Programm stehen Werke von Johann Sebastian Bach, Giovanni Battista Pergolesi (aus „Stabat Mater“), Gioacchino Rossini (aus „Stabat Mater“ und „Petite Messe Solenelles“), Antonin Dvo?ák (aus „Stabat Mater“), Gabriel Fauré (aus „Requiem“) und Lothar Graap ( „Stationen“ – Kreuzweg für Orgel nach Grafiken von Katharina Volbers und Texten von Arnim Juhre).

Simone Garnier, Mezzosopran

Alexandre Bytchkov, Konzertakkordeon

Rainer Noll, Orgel und Gesamtleitung

Diese Musikalische Meditation zu Jesu Leiden und Sterben bietet eine intime Alternative zu den großen Passionsaufführungen. Ganz ungewöhnlich, aber äußerst reizvoll ist die diesmalige Einbeziehung eines Konzertakkordeons. Der Eintritt ist frei, am Ausgang wird um eine Spende für die Kirchenmusik gebeten.


Programm

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)

„Ach Herr, mich armen Sünder“ BWV 742

(Jugendwerk aus der „Neumeister-Sammlung“, Melodie: „O Haupt, voll Blut und Wunden“)

G E B E T

Antonin Dvorák (1841 – 1904)

„Inflammatus et accensus“

(aus dem „Stabat Mater“)

Giovanni Battista Pergolesi (1710- 1736)

„Quae maerebat“

„Fac ut portem“

(aus dem „Stabat Mater“)

Gabriel Fauré (1845 – 1924)

„Pie Jesu“

(aus dem „Requiem“)

Gioacchino Rossini (1792 – 1868)

Cavatina „Fac ut portem“

(aus dem „Stabat Mater“)

G E B E T

Lothar Graap (* 1933)

„Fürwahr, er trug unsere Krankheit“

„Stationen“ – Kreuzweg nach Grafiken von Katharina Volbers und Texten von Arnim Juhre:

Einleitung – Stationen I – XIV (siehe im Programm) – Beschluss

„Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

V A T E R U N S E R
S E G E N

Gioacchino Rossini

„Agnus Dei“

(aus der „Petite Messe Solenelle“)

S T I L L E