Wahrheiten – Halbwahrheiten – Meinungen – Lügen
Ein Essay zur medienpolitischen Praxis von Rainer Noll (11.10.2020)
Es gibt Menschen, die sagen mir: „Mehr als drei Zeilen lese ich sowieso nie – geh‘ mir weg mit Deinen langen Mails!“ Ich sehe ja, was von meinen Rundmails durchschnittlich gelesen wird, obwohl sie meist kürzer sind als ganzseitige Zeitungsartikel oder gar ein Buch. Andere lesen überhaupt nur die Überschriften, etwa in einer Zeitung. Aber dieselben Menschen reden dann munter ohne jede Hemmung bei allem mit. Ein Stichwort, ein Reizwort: zack, in eine Kategorie eingeordnet und ein Etikett draufgeklebt – fertig! Ich kann verstehen, dass man auf diesem Weg überhaupt nur durchkommt durch die Flut an Informationen und Reizen in der heutigen Welt. Meinungen, meist ziemlich beliebige, mögen sich so bilden lassen – aber tieferes Wissen und Verstehen, Erkenntnis, Wahrheit und Weisheit? Nicht umsonst bezeugen Studien, wie mangelhaft schon in den Schulen das Verständnis von Textzusammenhängen ist.
Das wörtlich nur unverständlich zu übersetzende Wort des Horaz (20 v. Chr.) „sapere aude“ gibt der Aufklärer Immanuel Kant so wieder: „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Dies sei unser Motto. „Wahrheiten – Halbwahrheiten – Meinungen – Lügen“ weiterlesen