Meditative Karfreitagsmusik – vor 34 Jahren von Rainer Noll begründet

Erschienen in „Kelsterbach Aktuell“, 12.4.2013

Rainer Noll, der Kantor der St. Martinsgemeinde in Kelsterbach, spielte 1979 seine erste Karfreitagsmusik an der Orgel der St. Martinskirche. Später nahm er auch gelegentlich Gesangssolisten und weitere Instrumente hinzu.

In diesem Jahr bestritt er die „Musikalische Meditation zur Todesstunde Jesu“ wieder allein an der wunderbaren Förster & Nicolaus-Orgel, ergänzt durch die Lesungen der Passionsgeschichte durch Pfarrvikarin Inga von Gehren. Werke von Johann Seb. Bach umrahmten die feierliche Stunde. Ganz dem Tag angemessen, begann Noll mit dem in „Grautönen“ gehaltenen Präludium und Fughette d-moll, Bachwerkeverzeichnis (BWV) 899. Es folgten das ursprünglich für Laute komponierte Präludium c-moll BWV 999 und die Fughette c-moll BWV 961, die sich beide, wie das vorherige Werk, unter Bachs Klavierwerken finden, aber gerade auf der Orgel einen besonderen Reiz entfalten.

Von dem zeitgenössischen Komponisten Lothar Graap (geb. 1933) erklang die Choralpartita über „Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen?“, die weniger durch ihre gar nicht moderne Tonsprache als vielmehr durch Nolls subtile Klangfarbenwahl und feinsinnige Interpretation überzeugte.

Als kompositorische Schwergewichte müssen die drei Brahms-Werke gelten: die beiden Choralvorspiele „Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen?“ und „O Haupt voll Blut und Wunden“, Op. posth. 122 Nr. 2 und 9, sowie vor allem die kontrapunktisch dichte und komplexe Fuge as-moll, die allein schon durch ihre entlegene Tonart mit sieben b als Vorzeichen höchste Anforderungen an Konzentration, Intensität, Gestaltungskraft und Technik des Interpreten stellt. Hier muss man außerdem das Zusammenspiel von Orgel und Registrierkunst Nolls bewundern, das immer wieder neue, überzeugend romantische Klangbilder in glutvoller Darstellung hervorzauberte.

Nicht weniger beeindruckte Nolls ausgereifte Interpretationskunst in Bachs abschließender Choralfantasie BWV 665 über den Abendmahlschoral „Jesus Christus, unser Heiland“ in prächtigem barockem Plenumklang, deren triumphaler Schluss den wieder aus dem ganzen Umland angereisten Besuchern einen Ausblick auf Ostern eröffnete.

Eckard B. Gandela, Frankfurt am Main

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