Wiesbadener Tagblatt, 05.08.2010 – NORDENSTADT
Sein Ururgroßvater erbaute 1849 das Torhaus, in dem Rainer Noll seit 21 Jahren seine Konzertreihe veranstaltet. Bei der Auswahl der Musiker zählen für den Organisten Qualität, Vielfalt und finanzielle Machbarkeit. Archivfoto: Heymann
Von Thomas Karschny
TORHAUSKONZERT Nordenstädter Rainer Noll organisiert Musikabend zum 21. Mal
Niveauvolle Musik unter freiem Himmel in historischem Ambiente – wer danach sucht, ist auf dem 21. Torhauskonzert (THK) im Erbacher Hof in Nordenstadt genau richtig. An diesem Samstagabend ist es wieder soweit.
Musikalischer Gaststar in diesem Jahr ist der Frankfurter Gitarren-Solist Tilman Steitz. Unter dem Motto „Von Bach bis Tango“ wird er Werke aus den entsprechenden musikalischen Epochen von J. S. Bach, Fernando Sor, Federico Moreno-Torroba, Antonio Lauro, Heitor Villa-Lobos und Astor Piazzolla spielen.
Für Hausherr und Organisator Rainer Noll, der das Konzert gemeinsam mit dem Wiesbadener Kulturamt und dem Vereinsring Nordenstadt veranstaltet, ist es eine kleine Premiere. „Sologitarre hatten wir noch nicht im Programm“, erzählt der Organist. 1990 hat der heute 61-Jährige die Torhauskonzertreihe – benannt nach dem 1849 von seinem Urgroßvater erbauten Torhaus – aus der Taufe gehoben. Die Idee dahinter: „Den schönen Erbacher Hof, der mir als Erbe zufiel, nicht nur zur eigenen Freude zu nutzen, sondern von dieser Freude etwas der Allgemeinheit zurückzugeben“, erklärt Noll.
1984 hatte er den einst zum Kloster Eberbach gehörenden Hof geerbt und in der Folgezeit, meist in Eigeninitiative, restauriert. Die wenige Jahre später eingeführte Konzertreihe erwies sich von Anfang an als eine wahre Erfolgsgeschichte. „Die Konzerte waren von Anfang an fast immer ausverkauft“, berichtet Noll.
Unzählige Gäste kommen bereits seit Jahren, teilweise aus bis zu hundert Kilometer entfernten Ortschaften. An einige Höhepunkte kann sich Noll noch gut erinnern. „Da war das fünfte THK 1994 mit dem Rundfunk- und Fernsehchor aus St. Petersburg, für den ich damals eine dreiwöchige Tournee durch Deutschland organisierte. Der Hof war mit fast 500 Gästen restlos überfüllt und das Konzert musste am nächsten Tag für 300 Besucher wiederholt werden“, erinnert sich der Hausherr.
Ebenso ist dem Nordenstädter das zehnte Konzert vor elf Jahren mit Bachs Kaffee- und Bauernkantate unter der Moderation von Elmar Gunsch in guter Erinnerung geblieben.
Sein Erfolgsrezept ist an sich schlicht: Die Augen offen halten und immer wieder Musiker von der Idee seiner Konzerte ohne finanzielle Rückendeckung – schließlich weiß man im Voraus nie, wie viele Karten letztendlich verkauft werden – begeistern.
Gäste schätzen Konzerte mit Event-Charakter
Qualität, Vielfalt und die finanzielle Machbarkeit stehen bei der Auswahl der Künstler im Vordergrund. „Die Konzerte müssen sich ausschließlich durch die Einnahmen tragen, verdient wird da nichts“, erzählt Noll. Im Rahmen der diesjährigen Veranstaltung wird Stadtrat Manfred Laubmeyer den 61-Jährigen mit der Bürgermedaille in Silber auszeichnen. Mit der Ehrenbezeichnung der Stadt werden nicht nur Nolls Einsatz für die Torhauskonzerte, sondern auch weitere Verdienste des Nordenstädters um das kulturelle Leben in der Region, darunter die Organisation zahlreicher Kulturreisen, Orgelfahrten und weiterer Konzertreihen, gewürdigt. Das alles schafft man nicht allein.
Veranstalter erhält Bürgermedaille in Silber
Insbesondere die Torhauskonzerte – hier werden nach dem Konzert Getränkte und Gegrilltes zum Selbstkostenpreis gereicht – wären ohne ein Heer an ehrenamtlichen Helfern nicht zu stemmen. „Der Silberglanz der Medaille, die mir an diesem Tag auch für 21 Jahre Torhaus verliehen werden soll, strahlt auf sie alle“, dankt Noll den unzähligen Helfern für ihr Engagement.
Den Gästen gefällt es: „Geschätzt wird gute und interessante Live-Musik in alles andere als steifer Konzertatmosphäre. Dazu kommt die anschließende Kommunikationsmöglichkeit bei Essen und Trinken, böhmischem Fassbier und von mir selbst ausgesuchten Weinen aus Deutschland, Frankreich und Griechenland bei open end“, erklärt Noll den besonderen Reiz seiner Veranstaltung.
Offenes Ende? „Die Nachbarn sind nicht alle begeistert, besonders wenn es etwas später wird“, gesteht der Organisator: „Aber ich bemühe mich nach Kräften um Verständnis und erwarte dies auch einmal im Jahr“. Muss also nur noch das Wetter stimmen. „Bisher hatten wir 20 mal geradezu unverschämtes Glück und hoffen auf das 21. Mal“, so Noll.