Orgelfahrt durch den Odenwald

 Am Samstag, dem 4. September 2010, richtet Rainer Noll für das Dekanat Rüsselsheim wieder eine Orgelfahrt aus.

Abfahrt: Samstag, 4.9.2010, 8 Uhr, am Stadttheater Rüsselsheim („Treff“), wo kostenlose Parkplätze vorhanden sind. Rückkehr ca. 21:30 Uhr.

Fahrt mit modernem Reisebus der Fa. Sippel, alle Eintrittspreise für Führung durch die Werkstatt der Orgelbaufirma Vleugels in Hardheim, Orgelkonzert und Führung in der Abtei Amorbach: 47 € pro Person. Die Mahlzeiten sind nicht im Preis inbegriffen, Teilnahme frei nach Belieben und Absprache (Speisekarten zur Vorbestellung werden im Bus herumgereicht).
Plan: Fahrt durch den Odenwald nach Miltenberg (Besichtigung der Vleugels-Orgel in St. Jakobus), Mittagsbrotzeit im Kloster Engelberg (mit herrlichem Ausblick über das Maintal), Werkstattführung bei der Orgelbaufirma Vleugels in Hardheim, 16 Uhr Abschlusskonzert der Orgelmasterclass von Prof. Clemens Schnorr (Münsterorganist in Freiburg) auf der Stumm-Orgel von 1782 in der Benediktinerabtei Amorbach, anschl. Abteiführung, 18 Uhr Abendessen in der nahen Gaststätte Brauerei Etzel, Rückfahrt über die Autobahn.

Die Teilnehmerzahl muss wegen der Busgröße auf 40 begrenzt werden, so dass eine Anmeldung nach Erfüllung dieses Kontingents nicht berücksichtigt werden kann. Offizieller Anmeldeschluss: 7.8.2010. Auskünfte und verbindliche Anmeldungen bei Kantor Rainer Noll.


Orgelfahrt 2010 nach Miltenberg, Hardheim und Amorbach

„Eine Orgel ist eine Orgel, ist eine Orgel“!  Richtig, eine Orgel ist eine Orgel, aber wie verschieden Orgeln klingen, wie sie aussehen und wie sie sich bespielen lassen, das erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Orgelfahrt am 4. September 2010 in feinster Ausführung.Die ausgebuchte Busreise unter der Leitung von Kantor Rainer Noll, Kelsterbach,  führte an den Main nach Miltenberg und Amorbach und zur Besichtigung der  Orgelbaufirma Vleugels in Hardheim, das ca. 20 km von Miltenberg entfernt liegt.

Am Abend vor der Fahrt lud Rainer Noll in die Lutherkirche nach Rüsselsheim ein, um über die Geschichte der Orgel, ihren Aufbau und ihre Funktion zu informieren. Eine große Zahl der angemeldeten Orgelfahrtteilnehmer nahm die Gelegenheit wahr, um zu hören,  was Register, Windladen, Klangfamilien, Pedale und anderes mehr sind; nach der Devise: Was sie schon immer wissen wollten!

Das erste Tagesziel dann am 4. September war Miltenberg am Main und die katholische Pfarrkirche „ St. Jakobus der Ältere“.

Empfangen wurden die Orgelfreunde von der Dekanantskirchenkantorin Stephanie Hillebrand, die Gotteshaus und Orgel mit Sachverstand, Temperament, Witz und musikalischem Können vorstellte. 2004 baute die Firma Vleugels die neue dreimanualige Orgel mit 2004 Pfeifen! Allein der Orgelprospekt von 1699 blieb im barocken Stil erhalten. Anekdote an Anekdote reihte Frau Hillebrand und fesselte mit ihren Erklärungen und ihrem Spiel ungemein.

Die Stadt Miltenberg habe den Orgelneubau finanziell stark unterstützt, ein eigenes Register, das 2004. setze einen Posaunenengel in Betrieb, der beim Drehen ein Schiffshorn erkennen lässt und dem Bürgermeister der Stadt als auch dem ehemaligen Pfarrer (inzwischen Weihbischof in Würzburg) die Referenz erweist.

Herrliche Register zog die sympathische Kantorin, mechanische Spielwerke wie Zimbelstern, Kuckucksruf, Nachtigall, Pauke, Glockenspiel. Eine Orgel ist eben eine Orgel, diese gebaut von der Firma Vleugels. Für die Kantorin, die ihre Stelle um 2004 antrat, kreierte Orgelbauer Vleugels ein besonderes Frauen-Register, das „Pinselregister“. Im Registerzug, der ganz ausziehbar ist, steckt ein kleiner Pinsel, mit dem die Tasten säuberlich gehalten werden sollen.

So treffen sich Witz und Spielfreude beim Orgelbauer und der Musikerin. Kantor Lindemann wagte sich nach Ermunterung durch die Kollegin Hillebrand an den Spieltisch und intonierte etwas „Französisches“.

Losreißen mussten sich Orgelfreunde von der herrlichen Orgel, der gespielten Musik, den Erklärungen  und Anekdötchen der beeindruckenden Kantorin, denn im „Kalt-Loch-Bräustübl“ in der Altstadt Miltenbergs war Essen vorbestellt.

Anschließend fuhr der Bus alle nach Hardheim zur Orgelbaufirma Vleugels.

Gegründet wurde die Orgelbaufirma 1855, sie ist eine der größten Orgelbauwerkstätten Süddeutschlands mit ungefähr 20 Beschäftigten. Beeindruckend war die gute Einführung durch einen Film und anschließend die Führung von Hans-Georg Vleugels und Frau Vleugels durch die Werkstätten.

Moderne Orgelprospekte, die sich harmonisch in alte Kirchen einfügen, gehören ebenso zum Standartprogramm von Vleugels als auch das Restaurieren alter oder maroder Orgeln. Vleugels arbeitet mit computergestützten Programmen beim Entwerfen neuer Orgeln, er zieht Künstler zum Gestalten der Prospekte hinzu und ist bemüht, Klang und äußere Schönheit einer Orgel miteinander zu verbinden. Leider konnte die gute Führung wegen des Konzerts um 16 Uhr in Amorbach nur in einer Kurzfassung geboten werden.

Ein Abschlusskonzert in der Basilika zu Amorbach beendete den musikalischen Teil der Orgelfahrt. An der Stummorgel von 1782 spielten  Meisterschüler von Prof. Klemens Schnorr,

Freiburg, Orgelstücke von J.S. Bach, J.G. Rheinberger und Francois Couperin. An das Konzert schloss sich eine Führung an, die Entwicklung und Geschichte der ehemaligen Benediktinerabtei, die um 740 gegründet wurde, erklärte. Die Abteikirche im Rokokostil wurde zwischen 1742 und 1747 vom Kurmainzer Hofbaumeister Maximilian von Welsch geschaffen.

Nach der Säkularisierung wurde die Abteikirche eine evangelische Pfarrkirche.

Um 1780 erweiterte man die Klosteranlage um den Konventbau mit Refektorium, Grünem Saal und der Bibliothek mit über 35.000 Bänden Sie zählt zu den bedeutenden und schönsten Bibliotheken des 18. Jahrhunderts. Baumeister war Ignaz Neumann, ein Sohn Johann Balthasar Neumanns (Würzburg). Besitzer von Schloss und Kirche ist heute der Fürst zu Leiningen.

Die Orgelfahrt klang aus mit einem gemeinsamen Abendessen in Amorbach bei fränkischen Bier,  fränkischer Kost, Gesprächen und der Heimfahrt im Bus der Firma Sippel. Dank an Herrn Noll, der den Tag organisiert und durchgeplant hatte.

Neue Klänge und neue Orgeln warten 2011, wohin die Reise geht, ob für zwei Tage oder für einen,  das wird sich finden!

13.09.2010/Renate Schellhaas

Reisebericht zur Orgelfahrt 2007

Die „Kulinarische Orgelfahrt“ ins Land Albert Schweitzers und der Silbermannorgeln am 1./2. September 2007

Die traditionelle jährliche „Orgelfahrt“ war auch diesmal ein nachhaltiges Erlebnis für die 34 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die zweitägige Exkursion im modernen klimatisierten Reisebus hatte Kantor Rainer Noll, der in Kelsterbach wirkt und im Er-bacher Hof bei Wiesbaden lebt, für das Evangelische Dekanat Rüsselsheim liebevoll bis ins Detail vorbereitet. Stadtkirchenkantor Jens Lindemann begleitete die Reisegruppe, zu der auch seine Orgelschüler Christian Hopp und Jan Ulzhöfer gehörten, vom Startpunkt am Rüsselsheimer Stadttheater bis ins Ziel und auf den weiteren Wegen durch das Elsaß. Die Anfahrt am sonnigen 1. September dauerte wegen einer LKW-unfallbedingten Autobahntotalsperrung vor Karlsruhe wesentlich länger als geplant. Deshalb musste die erste Station in Straßburg-Kronenburg mit Orgelbesichtigung in der Erlöserkirche übersprungen und auf das Mittagessen in einer typischen Ferme Auberge (Bergbauerngasthof) in den Vogesen verzichtet werden. Die Reisegruppe wurde dafür mit einer Weinprobe mit Gugelhopf im Wein-gut Laurent Bannwarth in Obermorschwihr entschädigt. Dort begrüßte uns Rainer Noll, der schon voraus gefahren war. Die als „kulinarische Orgelfahrt“ apostrophierte Reise sollte ihr verheißungsvolles Versprechen mit gleich mehreren Glanzlichtern einlösen. Die elsässische Küche, die Silbermann-orgeln und die nach Plänen von Albert Schweitzer gebauten Orgeln, die Rainer Noll, Jens Lindemann und Christian Hopp mit Werken von Johann Sebastian Bach und moderneren französischen Meistern zu Gehör brachten sowie der Besuch im Albert-Schweitzerhaus in Günsbach im Münstertal – seinem heimatlichen Refugium, das er 1928 mit dem Geld des Gorthepreises der Stadt Frankfurt bauen ließ, waren wie ein Dreigestirn, das über der Fahrt leuchtete. Untergebracht war die Gruppe, der in der Mehrzahl Gemeindemitglieder aus Kelsterbach und Rüsselsheim angehörten, im „Le

Kleebach“ oberhalb von Günsbach. Im „Kleebach“ einem Ferienzentrum für Sänger und Musikvereine fühlte man sich unwillkürlich an den den wunderbaren franzöischen Film „Die Kinder des Monsieur Matthieu“ erinnert, wenn hinter den Türen Gesang zu vernehmen war. Nach dem Abendessen wurde die erste Orgel in der Pfarrkirche zu Günsbach besichtigt. Sie ist die letzte nach Schweitzers Plänen 1961 von Alfred Kern gebaute Orgel. Dessen Sohn Daniel Kern hat die Orgel in der wieder auferstandenen Frauenkirche in Dresden geschaffen. Die schon erwähnten drei Organisten sorgten für die Atmosphäre kirchenmusikalischer Andacht. Am Sonntag stand zunächst der Besuch im Wohnhaus Albert Schweitzers, dessen Räume größtenteils im Originalzustand belassen sind, auf dem Programm. Hier hat Rainer Noll in den Jahren 1982-89 den musikalischen Nachlass des großen Menschenfreundes, Urwaldarztes, Organisten und Komponisten geordnet und katalogisiert. Der Aufenthalt im Arbeits- und im Wohnzimmer des Nobel- und Goethe-preisträgers mit dem gleichen Ausblick auf seinen wunderschönen Garten, den er ge-nossen hat, zählt sicherlich nicht nur zu den Höhepunkten der Reise in das Land der Silbermannorgeln und der „Elsässischen Orgelreform“, deren Initiator Albert Schweitzer war, sondern auch zu den Höhepunkten im Leben der Exkursionsteilneh-mer. Der spiritus des Urwaldarztes und Lambarenes waren in seinem Haus gegen-wärtig. Ihm zu Ehren nahm die Gruppe anschließend am Festgottesdienst anlässlich seines 42. Todestages (am 4.9.) in der Pfarrkirche Günsbach teil. Die Predigt im Gottesdienst in deutscher und französischer Sprache hielt Dr. Bernard Kaempf, Theologieprofessor in Straßburg. Nach diesem spirituellen Erlebnis hieß es Abschied nehmen von Günsbach und Albert Schweitzer. Colmar und die L’Eglise St. Matthieu mit der restaurierten Silbermannorgel von 1732 waren das nächste Reiseziel. Rainer Noll, Jens Lindemann und Christian Hopp musizierten zu aller Freude auch hier. Zur Erinnerung an den Klang dieser Orgel konnten bei Rainer Noll CD‘s mit Live-Orgelmitschnitten von Konzerten, die er an dieser Orgel von 2002 bis 2006 gegeben hatte, erworben werden. „Wer ist die schönste Orgel im ganzen Land (Elsass) ?“ könnte man fragen. Die Antwort hierauf wurde am letzten Zielort Ebersmünster in der Abteikirche St. Maurice, der schönsten Barockkirche des Elsass, gegeben. Hier – an der besterhaltenen Silbermannorgel – zogen Rainer Noll, Jens Lindemann und auch Christian Hopp mit wahrer Spielfreude und großer Freude über dieses schöne Instrument alle Register. Gegenüber der Abteikirche, im Restaurant „Des Deux Clefs“, wurde das vorbestellte elsässische Menue in zwei Variationen eingenommen.

Gerne hätten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der „Kulinarischen Orgelfahrt“ 2007 hier den Abend noch länger ausklingen lassen. Nach einer wahrhaft erlebnisreichen und stimmungsvollen Exkursion kehrte der Reisebus am Sonntag-abend um exakt 23 Uhr an seinen Ausgangspunkt in Rüsselsheim zurück. Der letzte Satz dieses Reiseberichtes gilt Rainer Noll: Herzlichen Dank !

Christian Torsten Otto

Kulinarische Orgelfahrt ins Elsass (2007)

Kulinarische Orgelfahrt ins Elsass am 1. – 2. September 2007

Am Samstag und Sonntag, dem 1. und 2. September, richtet Rainer Noll für das Ev. Dekanat Rüsselsheim eine kulinarische Orgelfahrt ins Elsass aus. Das Elsass ist nicht nur das Land der Silbermannorgeln, sondern auch das Ursprungsland der „Elsässischen Orgelreform“, deren Hauptinitiator Albert Schweitzer war. Sie mündete nach dem 1. Weltkrieg in die „Orgelbewegung“, die dann jahrzehntelang die deutsche Orgelszene beherrschte.

Auf dem Programm stehen die Orgeln in St. Sauveur Straßburg-Kronenburg (erste nach Schweitzers Plänen 1907 von Dalstein & Haerpfer gebaute Orgel), Pfarrkirche Günsbach (letzte nach Schweitzers Plänen 1961 von Alfred Kern gebaute Orgel – Vater von Daniel Kern, der die Orgel der neuen Frauenkirche in Dresden erbaute), sowie die beiden restaurierten Silbermannorgeln von 1732 in St. Matthieu in Colmar (eine der schönsten gotischen Kirchen – von hier sind drei CDs mit Live-Orgelkonzertmitschnitten von 2004-06 mit Rainer Noll erhältlich) und in der Abteikirche St. Maurice Ebersmünster im elsässischen Ried (schönste Barockkirche des Elsass mit besterhaltener Silbermannorgel).

Abfahrt ist um 7:30 Uhr in Rüsselsheim mit modernem klimatisiertem Reisebus mit WC. Im Reisepreis von 97 € sind enthalten: die Fahrt, das Abendessen am 1.9. im gerade modernisierten Musikzentrum „Le Kleebach“ oberhalb Günsbach im Münstertal, wo auch übernachtet wird, das Frühstück und Mittagessen am 2.9. im „Kleebach“ (beste elsässische Küche), Besuch des Schweitzer-Hauses in Günsbach (Heimatdorf Albert Schweitzers), eine Weinprobe mit Gugelhupf bei Laurent Bannwarth in Obermorschwihr sowie natürlich alle Orgelbesichtigungen. Wichtig: die Verteilung der Schlafplätze muss aus Platzgründen auch auf Zweier- bis Viererzimmer erfolgen, da nur wenige Einzelzimmer zur Verfügung stehen (Aufpreis: 10 €).

Am Sonntagmorgen (2.9.) um 10:30 Uhr findet in der Günsbacher Kirche ein Festgottesdienst zum 42. Todestag von Albert Schweitzer (gest. 4.9.1965) statt (Predigt: Dr. Bernard Kaempf, Theologieprofessor in Straßburg) – der Besuch steht den Teilnehmern frei. Sonntags abends ist um 18:30 Uhr nach dem Orgelbesuch in Ebersmünster ein Abschlussessen auf eigene Kosten im gegenüber der Abteikirche gelegenen exzellenten Restaurant „Des Deux Clefs“ vorgesehen (begrenzte Menuwahl vorab: Zander in Matelote-Weißweinrahmsauce und elsässischen Nudeln oder Quiche Lorraine/Salat plus Dessert, 8,50 – 20 €). Rückkehr ca. 22-23 Uhr.

Die Teilnehmerzahl muss wegen der begrenzten Schlafplätze auf 30 begrenzt werden, so dass eine Anmeldung nach Erfüllung dieses Kontingents nicht berücksichtigt werden kann. Anmeldeschluss: 22.8.2007. Auskünfte und verbindliche Anmeldungen bei Kantor Rainer Noll per Post Heerstr. 15, 65205 Wiesbaden, oder per Tel. 06122/8590, Fax 06122/140855 oder E-Mail: Erbacher.Hof@t-online.de (unbedingt Adresse, Telefon, Fax, Mail und Zimmerwünsche angeben, auch wenn diese nicht garantiert werden können). Einzelheiten werden den Teilnehmern unmittelbar nach Anmeldeschluss, bzw. nach Erreichen der maximalen Teilnehmerzahl, mitgeteilt.

Orgelstudienfahrt nach Paris

11. bis 14. Oktober 1980
(erschienen in „Dienst der Kirche“ 4/1980)
„Wenn es wahr ist, daß wir im Zeichen des Verkehrs stehen, so muß doch auch zugestanden werden, daß er nicht allen Gebieten der Kunst in gleicher Weise zugute gekommen ist. Daß die künstlerischen Grenzwälle trotz der Zeichen des Verkehrs existieren, mehr als man meinen sollte, wird mir jedes Mal klar, wenn ich mit einem französischen Organisten von deutschen Orgeln und deutscher Orgelkunst, mit einem deutschen von französischen Orgeln und französischer Orgelkunst rede.“

So leitete Albert Schweitzer 1906 seine Schrift „Deutsche und französische Orgelbaukunst und Orgelkunst“ ein, mit der er den Dialog zwischen den beiden Orgelwelten anregen wollte. Heute, fast am Ende des Jahrhunderts angelangt, stehen wir noch immer mitten in diesem Dialog, der noch lange nicht zu Ende geführt ist. Allerdings: Das gegenseitige Interesse ist heute größer denn je. Die Internationale Orgeltagung der GdO 1977 in Paris war überlaufen.

In St. Joseph in Bonn-Beuel ist derzeit eine neue Orgel in der Planung, die im Mai/Juni 1981 durch eine Reihe von Konzerten mit Pariser Organisten der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Das dreimanualige Werk wird nach Grundsätzen Cavaillé-Coll’s disponiert.

Kein Wunder, daß der Organist an St. Joseph in Bonn-Beuel und Organiste honoraire de St. Joseph à Paris, Hans Peter Reiners, eine Orgelstudienreise nach Paris vom 11. bis 14. Oktober 1980 organisierte, die auf lebhaftestes Interesse stieß.
Die Organisation möchte ich vorbildlich nennen. Jeder Teilnehmer erhielt rechtzeitig zum Studium die Schrift „Orgeln in Paris“ von Hermann. J. Busch, den Sonderdruck aus ISO-Information „Die französische Orgel“ von Georges Lhôte sowie einen Stadtplan von Paris, in dem die zu besichtigenden Kirchen verzeichnet waren. Während der Busfahrt bekam noch zusätzlich jeder Teilnehmer die Schrift „Überlegungen zur Restaurierung von Cavaillé-Coll-Orgeln“ von Daniel Roth, Organist an Sacré-Coeur, übersetzt von Brigitte Strüder, die auch während der Studienreise als ausgezeichnete Dolmetscherin mit Orgelfachkenntnissen zur Verfügung stand. Drei weitere Artikel zum Thema der Reise wurden im Bus herumgereicht. Ein detailliertes Programmheft und eine Teilnehmerliste ergänzten den guten Informationsservice. Auch die Unterkunft im Hotel Ajiel war angenehm.

Gleich nach der Ankunft erwartete uns die Orgelvorführung in St. Augustin, die wegen Erkrankung von Hausorganistin Suzanne Chaisemartin von der Studentin Kimberley Marshall vorgenommen wurde, was wir nicht zu bedauern brauchten (ein Talent, von dem die Musikwelt noch hören wird). Besonders bemerkenswert die Schönheit der überblasenden Flöten in Widors Andante sostenuto aus der Symphonie Gothique und die Klarheit in einem Trio über „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“ von J. S. Bach. Hier zeigten sich bereits zwei Dinge, die wir dann in den folgenden Tagen voll bestätigt fanden:

 

  1. Der romantische französische Orgelbau integrierte sehr stark Elemente des klassischen französischen Orgelbaus und bedeutet keinen Bruch mit der Tradition, sondern ist deren erweiterte Fortführung.
  2. Den legendären Überhall der großen französischen Kirchenräume suchten wir vergebens. Selbst in den größten Räumen waren wir überrascht von der Klarheit, mit der die Klänge den Hörer erreichten. Eine Tatsache, die für die hohe Mensurations- und Intonationskunst der französischen Orgelbauer spricht. Das (leider wenig befriedigende) Orgelkonzert von Ulrich Stuers (Krefeld) in Notre Dame hörten wir allerdings auf den für den Publikumsverkehr sonst nicht zugänglichen Seitenemporen und bei vollbesetzter Kirche (ca. 5000 Hörer!).

Noch am Ankunftstag spielte Altmeister Jean Langlais für uns César Francks Fantasie in A-dur und eine eigene Improvisation. Trotz zweier Umbauten ist die Schönheit des Instrumentes von Cavaillé-Coll in St. Clotilde immer noch überwältigend.

Der Anreisetag wurde abgeschlossen von einem Orgelkonzert in Notre-Dame-de-Lorette, das Denise Launay, die frühere Hausorganistin dieser Kirche, für uns gab. Hier hörten wir die erste von Aristide Cavaillé-Coll noch ganz im klassischen Stil erbaute Orgel (leider auch durch zahlreiche Umbauten verändert). Das Programm des Orgelvortrags erhielt dementsprechend hauptsächlich Werke älterer französischer Meister.

Nach einer Stadtrundfahrt erlebten wir am Sonntagmorgen eine Messe in St. Sulpice und anschließend ein Orgelkonzert mit Werken von Widor, Dupré, Grunenwald, also alles Werke von St.-Sulpice-Organisten, gespielt vom derzeitigen Stelleninhaber, Maitre Jean-Jacques Grunenwald.

Die Orgel von St. Ignace, dieser so ganz hinter einer Kaufhäuserfassade versteckten Kirche, führte ein Mitglied unserer Reisegruppe vor: Michael Veltman, der gerade erst das Abitur hinter sich hat, bewies dabei ein so überdurchschnittliches Talent, daß es eigener Erwähnung verdient. Das Instrument ist eine gelungene Verbindung eines Cavaillé-Coll-Werkes mit einem neuen, mehr barock ausgerichteten, aber auf das Gesamtwerk hin mensurierten und intonierten Rückpositivs der Firma Haerpfer-Erman (Baulay/Lothringen).
Diejenigen, die den Weg zu dem schon erwähnten Orgelkonzert in Notre-Dame zu Fuß zurücklegten, konnten noch einen Blick in die Kirchen St. Germain-des-Prés und St. Severin werfen.

Hatten wir morgens Paris „zu Lande“ besichtigt, so bot der Sonntagabend Gelegenheit, auf dem zugigen Oberdeck eines Seine-Bootes Paris vom Wasser aus kennen zu lernen.

Die Orgelführung in St. Louis-des-Invalides, die ich mit Franck, Boëllmann und Bach vorzunehmen gedachte, mußte wegen eines Requiems für den gerade verstorbenen Minister und Schriftsteller Alexandre San Ginetti entfallen. Die Orgeln in St. Joseph und Notre-Dame-de-la-Croix stellte uns Michel Estellet-Brun mit Improvisationen vor. In St. Joseph war besonders schön zu hören, wie man auf einer französischen Orgel ohne Registranten bruchlos vom Piano zum Fortissimo und zurück gelangt: in die gekoppelte Grundstimmenklangmasse der drei Klaviere werden bei geschlossenem Schwellkasten Zungen und Mixturen des Schwellwerkes mittels eines Fußtrittes unmerklich eingeführt, der Schwellkasten wird langsam geöffnet, dann folgen Zungen und Mixturen des Positivs, zuletzt die des Hauptwerkes (alles mittels der sogenannten Appels).

In Notre-Dame-de-la-Croix erregte zunächst die Chororgel von Cavaillé-Coll unser Staunen: das Werk vermochte mit nur 10 Registern das riesige, fast 100 Meter lange Kirchenschiff zu füllen (allerdings mit einem Winddruck von 140 mm WS, dabei aber kein harter oder „brüllender“ Klang!). Die Hauptorgel – eine der wenigen unverändert erhaltenen Cavaillé-Coll-Orgeln, aber ein Stiefkind der Pariser Orgelpflege – fanden wir im Verfallzustand vor. Eine spontane Sammlung erbrachte ca. DM 1500,-. Während wir anschließend auf unseren Empfang im Pariser Rathaus warteten, gründeten wir einen „Freundeskreis der Cavaillé-Coll-Orgel von Notre-Dame-de-la-Croix“ mit dem Ziel, die Hälfte der Restaurierungskosten aufzubringen, damit die Stadt Paris die andere Hälfte dazu gibt. Noch einmal hörten wir Michel Estellet-Brun: mit einem leider durch den Zustand der Orgel beeinträchtigten Orgelkonzert auf der Cavaillé-Coll-Orgel der Abtei Royaumont außerhalb von Paris.

Der Abreisetag enthielt zwei Orgelvorführungen. Jean Ver Hasselt spielte in St. Gervais die Messe des Paroisses von Francois Couperin auf der Orgel, für die dieses Werk einst geschrieben wurde und die heute noch fast vollständig erhalten ist. Die Cavaillé-Coll-Orgel in St.-Bernard-de-la-Chapelle wurde von Jesse Eschbach mit Werken von Franck und Vierne vorgeführt – angesichts des auch nicht gerade erfreulichen Zustandes des Instrumentes, das zudem keine Barkermaschine besitzt, eine bravouröse Leistung.

Was sich auf dem Papier nicht wiedergeben läßt, war das Erlebnis der durchaus unverwechselbaren Atmosphäre der Pariser Orgelwelt, das Erlebnis der majestätischen Würde, Feierlichkeit und Wärme des Klanges der französischen Orgel. Hans Peter Reiners zitierte in einem Anschreiben an die Teilnehmer der Fahrt das Wort Walter Suppers: „Wer alles mitmacht, ist selber schuld.“ Es muß nachträglich aber gesagt werden: „Wer nicht alles mitmachte, war auch selber schuld!“ Und wer in Paris nicht unbedingt ausschlafen wollte, fand spät abends noch Zeit, nach so vielen Kirchenbesuchen ein wenig Profan-Atmosphäre zu schnuppern. Wen wundert es, daß die zweite von Hans Peter Reiners geplante Orgelstudienreise nach Paris vom 26.2. bis 3.3.1981 (über Faschingssonntag!) bereits jetzt ausgebucht ist?!

Rainer Noll

Musikalische Hommage

Allgemeine Zeitung 08.10.2011 – NIERSTEIN

KONZERT Rainer Noll hält fast vergessenen Geist von Albert Schweitzers Orgelkunst wach

Es war eine Zeitreise zurück in die Welt des Musikers und Organisten Albert Schweitzer, die zum Abschluss der Veranstaltungsreihe des Geschichtsvereins durch den Wiesbadener Organisten Rainer Noll unternommen wurde, der auf Einladung der evangelischen Kirchengemeinde in die Niersteiner Martinskirche gekommen war. In seinem Vortrag und Orgelkonzert ging er der Frage nach, was Schweitzer heute noch musikalisch zu sagen hat.

Dabei machte Noll deutlich, dass Schweitzers Orgelspiel und seine Orgelbauvorstellungen zwar ganz von der Romantik geprägt gewesen seien, er jedoch gleichzeitig der Bach-Interpretation des 20. Jahrhunderts wichtige Impulse gegeben habe. Außerdem habe er eine Bewegung im Orgelbau initiiert, die als „Orgelbewegung“ weit über ihn hinausging.

Rainer Noll, der sich seit fünf Jahrzehnten mit allen musikalischen Facetten Schweitzers auseinandersetzt und auch dessen musikalischen Nachlass in Günzbach ordnete und katalogisierte, hielt auch beim Konzert den fast vergessenen Geist des Orgelspiels Albert Schweitzers gegen den Trend der Zeit lebendig. Interpretationen von Bachwerken erklangen mit ergreifender Beseeltheit und Wärme – ganz im Sinne Schweitzers. Zu den aufgeführten Bachwerken gehörten „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ (BWV 668), die Fuge g-moll (BWV 578), das Präludium und Fuge e-moll (BWV 533) sowie „Schmücke dich, o liebe Seele“ (BWV 654). Gerade diese Komposition gehörte zu den Lieblingsstücken Schweitzers, durch die ein Zug mystischer Sinnlichkeit hindurchgeht. Zuvor war die von Lothar Graap, einem zeitgenössischen Komponisten aus Berlin, als „Hommage à Albert Schweitzer“ komponierte Fantasia A-(E)S erklungen.

Noll, vom Orgelideal Schweitzers fasziniert und inspiriert, entwarf 1972/73 die neue Orgel in der evangelischen Kirche in Wiesbaden-Bierstadt, die auch eine authentische Wiedergabe der Orgelwerke der deutschen und französischen Romantik ermöglicht – damals der Zeit weit voraus, heute eine Selbstverständlichkeit. Vor diesem Hintergrund verstand es Rainer Noll, durch seinen Vortrag und die Orgelwerke ein besonders eindrucksvolles Bild Schweitzers zu entwerfen, eines Wirkens wie ein „Oratorium mit Orgelbegleitung“.