Erschienen im Freitagsanzeiger am 24.04.2014
St. Martinsgememde verabschiedet Kantor Rainer Noll
„Wie kann denn einer mit den Füßen so spielen wie andere mit den Händen?“, hatte sich der Leiter des evangelischen Posaunenchors Ernst Freese oh gefragt. Denn die Germani-Fußtechnik beim Orgelspiel beherrschen nur wenige. Zu ihnen gehört Rainer Noll. Am Ostersonntag verabschiedete die St. Martinsgemeinde ihren langjährigen Kantor in den Ruhestand.
Den Gottesdienst hielt Dekan Kurt Hohmann. Musikalisch unterstützt wurde Nolls letztes Spiel als Kantor vom Posaunenchor. Eigentlich hatte Noll einen ruhigen Abschied geplant. Doch ganz so sang- und klanglos wollte sich die Gemeinde nicht von ihrem Kantor trennen, der zweiundvierzig Jahre lang das Gemeindeleben mitgestaltete. „Die Verkündigungdes Evangeliums in Wort und Musik ist nicht voneinander zu trennen“, sagte Hohmann.
Zwischen dem Kantor und der Förster 8x Nicolaus-Orgel sei es Liebe auf den ersten Blick beziehungsweise Ton gewesen, denn das Instrument sei „die ideale Bach-Orgel in idealer Akustik“, schwärmte Noll.
Nicht immer ganz so harmonisch war das Verhältnis zwischen dem Kantor und dem Kirchenvorstand. „Herr Noll ist halt ein Künstler. Den Anspruch, den er an sich selbst, an seine Musiker und auch an die Zuhörer hatte, war enorm hoch. Das haben eben nicht alle verstanden“, erklärte ein langjähriges Gemeindemitglied. Gerne erinnerten sich die Kirchgänger aber an die zahlreichen Konzerte, die Noll organisierte, und an die namhaften Künstler, die er nach Kelsterbach brachte, zurück. Besonders die Meditation zur Todesstunde Jesu wurde hoch gelobt
Auf den Gottesdienst folgte ein Umtrunk im Haus Feste Burg. Dort wurden viele Lobesworte gesprochen. Klaus Preußner, der Kirchenvorstandsvorsitzende, aber auch Bürgermeister Manfred Ockel, Joachim Bremer, ehemaliger Pfarrer der St. Martinsgemeinde, Katja Ehrlich von der Frauenhilfe und Ernst Freese sprachen Noll ihren Dank aus und wünschten ihm für den Ruhestand nur das Beste.
Noll zeigte sich sichtlich gerührt. aber auch nachdenklich. Seine Zusammenarbeit mit der Gemeinde fasste er in kurzen Worten zusammen: „Ich habe nie an Karriere im Sinne von äußerlicher Anerkennung oder einer hohen Position gedacht. Es ging nie darum. mal ein angesehener Organist in einem Dom zu sein. Mir ging es um die innere Erfüllung. Und die belohnt sich immer von selbst.“
Konkrete Pläne für den Ruhestand hat Noll noch nicht. Seine beiden Leidenschaften, die Beschäftigung mit Johann Sebastian Bach und Albert Schweitzer. werden aber sicher auch Zukunft eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen.