29. Abendmusik zum Weihnachtsmarkt – barock und zeitgenössisch

(erschienen in „Kelsterbach Aktuell“, 16.12.2011)

Wieder hatte Kantor Rainer Noll, der seit der Gründung 1982 alle diese Abendmusiken selbst plante und ausführte, einem barocken Programm ein zeitgenössisches Werk als „Kontrapunkt“ entgegengesetzt: die von weihnachtlichem Flair erfüllte Orgelpartita über das ebenfalls zeitgenössische, aber kaum bekannte Weihnachtslied „Also liebt Gott die arge Welt“ EG 51 des 1933 geborenen, bis heute sehr produktiven Komponisten Lothar Graap. Noll erwies sich auch diesmal wieder als „Meister der Registrierung“, wie Stadtrat Ernst Freese in seiner nach dem Konzert in Vertretung des Bürgermeisters gehaltenen Dankesrede hervorhob.

Aber auch die barocken Werke wirkten so lebendig, wie für diesen Moment erschaffen, jedenfalls alles andere als „verstaubt“ – Gegenwart und Vergangenheit verschmolzen zu beseligender Zeitlosigkeit, der erfüllte Augenblick wurde beglückende „Ewigkeit“.

Der Hamburger Blockflötenprofessor Martin Nitz eröffnete den Abend mit Vivaldis Concerto F-dur, aufmerksam begleitet von den Streichern des „Mainischen Collegium Musicum“ unter Nolls inspirierend-gestalterischer Stabführung (wie auch bei allen anderen Werken). Bereits hier, wie dann auch im späteren Concerto a-moll von Albinoni, nahm Nitz‘ geschmeidiger, flexibler Flötenton, wie er nur selten zu hören ist, bei atemberaubend spritziger Virtuosität in den Ecksätzen und süßem Schmelz im langsamen Mittelsatz die Hörer gefangen.

Die erst 18jährige Altistin Esther Valentin gab ihr Debüt mit den Arien „Bereite dich, Zion“ und „Schließe, mein Herze“ aus Bachs „Weihnachtsoratorium“ bei klarer Tongebung und Phrasierung sowie verinnerlichtem Ausdruck – eine Stimmbegabung mit großem Zukunftspotential. Nobuko Yamaguchi begleitete sie adäquat auf der Solovioline.

Die bekannte Heidelberger Sopranistin Eva Lebherz-Valentin interpretierte Caldaras „Salve Regina“, indem sie die innige Süße der Komposition voll ausschöpfte.

Schließlich fanden Mutter und Tochter in hoher Einmütigkeit zusammen im Duett „Christe eleison“ aus Bachs h-moll-Messe.

Den glanzvollen Abschluss mit dem Tutti aller Musiker bildete Johann Philipp Kriegers Weihnachtskantate „Träufelt, ihr Himmel, von oben“ und entließ die zahlreichen Zuhörer in weihnachtlicher Hochgestimmheit in die Nacht. Sie bedankten sich mit langem Applaus für ein wunderbar zusammengestelltes und hochrangig ausgeführtes Konzert. Einzelne der wieder von fern angereisten Besucher meinten beim Verlassen der Kirche: „Zu Rainer Nolls Konzerten lohnt sich der weiteste Weg.“

Eckard B. Gandela,

Frankfurt am Main

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