Orgelfahrt Regensburg

Orgelfahrt 2013 mit Rainer Noll (Kantor im Dekanat Rüsselsheim) vom Freitag, dem 30.8. bis Sonntag, dem 1.9.2013 (3 Tage, 2 Übernachtungen) nach Regensburg (neue Domorgel und andere) und Ebrach (prächtige Zisterzienserabtei mit drei historischen Orgeln); evtl. Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen bei Staffelstein.

Freitag, 30. August:

  • 16 Uhr Abfahrt am Theater Rüsselsheim („Treff“, Parkplätze vorhanden).
    Während der Fahrt: Kurzreferat von Prof. Dr. Klaus Slapnicar zu „Karl Theodor von Dalberg, letzter Reichserzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“, dessen Grabstätte sich im Dom zu Regensburg befindet.
  • ca. 20 Uhr Ankunft in Regensburg im „Hotel am Peterstor“, Einchecken, freier Abend (Altstadt zu Fuß zu erreichen, Stadtplan und Empfehlungen werden gegeben).

Samstag, 31. August:

  • Frühstück im Hotel
  • 10 Uhr Abfahrt zur Karthäuserkirche St. Vitus beim Universitätsklinikum,
  • 10:30 Uhr Besichtigung der von Wolfgang Eisenbarth (Passau) 1997 erbauten Orgel (CD für 10 € erhältlich vom Orgelkonzert am 11. Oktober 2000 zum „Internationalen Symposion Bach 2000″, u.a. mit Uraufführung „Lambarene“ von Widmar Hader, der in Regensburg lebt – Orgel: Rainer Noll).
  • 11:30 Uhr Weiterfahrt zur Evangelischen Kirche St. Oswald, dort
  • 12 Uhr Besichtigung der 1750 vom Regensburger Orgelbaumeister Franz Jakob Späth erbauten Orgel (mit Kirchenmusikdirektor Roman Emilius
  • ca. 13:30 Uhr freier Nachmittag und Abend (Mittagessen, Kaffeetrinken, Altstadtbummel, Einkaufen, Kneipen, z.B. „Keitinger“, „Hofbräuhaus“, „Dampfnudel-Uli“ oder „Wurstkuchl“, älteste Bratwurststube der Welt usw.), eventuell Konzertbesuch, falls irgendwo ein Konzert stattfindet.

Sonntag, 1. September:

Nach Frühstück im Hotel:

  • 10 Uhr Kapitelsmesse im Dom (musikalisch gestaltet von den Regensburger Domspatzen), speziell für uns mit längerem konzertantem Orgelnachspiel von Domorganist Prof. Franz Josef Stoiber an der 2009 von Rieger (Schwarzach/Vorarlberg) erbauten Domorgel.
    [Einzelheiten und genaue Zeiten werden vor Ort nach den Gegebenheiten entschieden:]
  • Fahrt nach Ebrach im Steigerwald (eventuell über Staffelstein mit Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen). Bitte eventuell für Verpflegung sorgen, da erst abends großes Essen.
  • 17 Uhr Bruckner-Symphonie Nr. 6 A-dur mit der Philharmonie Festiva unter Gerd Schaller in der Abteikirche (Besuch freiwillig)
  • Ab 18 Uhr vorbestelltes Abendessen im Historikhotel Klosterbräu Landidyll neben der Abteikirche (freie Essenswahl, Speisekarte wird vorher im Bus verteilt).
  • ca. 19:15 Uhr Orgelführung in der Abteikirche (drei historische Orgeln: Hauptorgel von Johann Philipp Seuffert, 1742/43, zwei Chororgeln von Johann Christian Köhler, 1753 und 1759/60, am 4.11.2012 wieder eingeweiht nach langjähriger Restaurierung durch Klais in Bonn).
  • Spätestens 20:30 Uhr Abfahrt nach Rüsselsheim, dort
  • ca. 22:30 Uhr Ankunft.

Als wir jüngst in Regensburg waren…

haben wir die Schwalbennestorgel im Dom erfahren.

Zur Orgelfahrt in die Oberpfalz und nach Franken vom 30.08 bis 01.09.2013

Rainer Noll, Kantor an der Kelsterbacher St. Martinskirche, hatte wieder einmal zu einer Orgelfahrt, dieses Mal nach Bayern, eingeladen. Alle orgelbegeisterten Teilnehmer erschienen am Freitagnachmittag pünktlich am „Treff“ hinter dem Rüsselsheimer Theater. Nach einem kleinen Feierabend- und Unfallstau in Höhe des Frankfurter Kreuzes ging es komplikationslos mit einem modernen Reisebus über die A 3 nach Regensburg. Auf der Fahrt dorthin hielt Klaus Slapnicar, emeritierter Jura-Professor, einen Vortrag zu Leben und Wirken Carl Theodor von Dalbergs (1744 – 1817), dem letzten Mainzer Reichserzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1802 – 1804), Fürstprimas des Napoleonischen Rheinbundes (1806 – 1813), zur Einstimmung auf einen der späteren Höhepunkte im Regensburger Dom, wo sich dessen Grabstätte und ein ihm von seinem Neffen errichtetes Epitaph findet. Slapnicar ging dabei ausführlich auf die vielfältigen Funktionen Dalbergs als kurfürstlich Mainzer Statthalter in Erfurt (1771 – 1802), Fürstbischof von Konstanz (1800 – 1817), Erzbischof ursprünglich von Mainz (1802 – 1803), dann von Regensburg (1803 – 1817) und damit Fürstprimas der deutschen Kirche sowie späteren kurzzeitigen Großherzog von Frankfurt am Main (1810 – 1813) ein.

Pünktlich wie im Plan vorgesehen, erreichte die 45köpfige Reisegruppe nach Einbruch der Abenddämmerung die Hauptstadt des bayerischen Bezirks Oberpfalz an der Donau. Zwar fuhr der Bus nicht in oder über einen Strudel, wie es das bekannte Volkslied für die Gefährlichkeit des Schiffsmanns besingt, aber die Enge der mittelalterlichen Altstadt Regensburgs beendete die Fahrt des Busses an einer Straßenkreuzung trotz behänd fortgeräumter Möbel eines Biergartens an einem unverrückbaren Verkehrsschild. Die Fähigkeit des Fahrers jedoch, seinen Bus rückwärts wieder aus der Altstadt herauszuführen und im zweiten Anlauf das Hotel in der Gasse zum Fröhlichen Türken anzusteuern, brachte ihm die uneingeschränkte Bewunderung seiner Fahrgäste ein.

Der Samstag startete mit einem Besuch in der ehemaligen Benediktiner- und späteren Karthäuser-Kirche St. Vitus in einer der schönsten Städte der Welt, nach Ansicht des englischen Stararchitekten Sir Norman Foster. Die alte Klosteranlage der Benediktiner wird heute als Bezirksklinikum genutzt. Die beiden speerschlanken, achteckigen Türme von 1480 verleihen der ersten, um 1100 erbauten, monumentalen Hallenkirche Bayerns aus der Romanik ihr charakteristisches Aussehen. Eine neue Wölbkunst ermöglichte in der dreischiffigen Anlage erstmals überall gleich hohe Decken in dem 58 Meter langen Kirchenschiff.

In ihm kurierte 1809 schon Napoleon eine Verletzung am Bein aus Anlaß seiner Belagerung Regensburgs. Die Kirche wurde 1120 geweiht. In der ersten romanischen Hallenkirche Bayerns, die Anfang des 17. Jahrhundert mit über 100 pausbäckigen Engelsköpfen in weißem Stuck an der Decke sowie den Säulenköpfen im Renaissance-Stil ausgestaltet wurde, spielte Rainer Noll auf dem 1997 im Seitenschiff der Kirche neu eingebauten Instrument. Die von Wolfgang Eisenbart (* 1941) aus Passau erbaute Orgel präsentierte Noll in ihrer Klangfülle zunächst durch die unterschiedlichen Lagen und Register. Anhand einiger Musikbeispiele von kirchlichen Chorälen, Bachs großem e-moll-Präludium und Fuge bis zu Mendelssohns Allegro maestoso e vivace aus der 2. Orgelsonate wurde der durch das Sonnenlicht hell erleuchtete Kirchenraum mit Klängen der Orgel synästetisch gefüllt. Danach war eine CD zu erwerben mit der Live-Aufnahme eines anlässlich des „Internationalen Symposion Bach 2000″ von Noll im Oktober 2000 hier gespielten Orgelkonzertes mit der Uraufführung der Komposition „Lambarene“ des Regensburger Komponisten Widmar Hader (* 1941), der einige Erläuterungen zur Komposition und zur Kirche gab und die CD signierte.

Widmar Hader und Rainer Noll am Spieltisch in St. Vitus

Im Anschluss war ausreichend Gelegenheit, die kulturellen Schätze der Kirche in Augenschein zu nehmen: das geschnitzte Chorgestühl aus dem Jahre 1605, das Epithaph des Grafen Marcus Fugger, 1634 getötet durch eine Kugel bei der schwedischen Belagerung, und auf der Empore die romanische Malerei „Verkündigung an Maria“. Sie entstand etwa um 1180.

Als nächste Station in der mittelalterlichen UNESCO-Weltkulturerbestadt ging es zu der nahe des Eisernen Steges an der Donau gelegenen evangelischen Kirche St. Oswald, um dort die 1750 vom Regensburger Orgelbaumeister Franz Jakob Späth (1714 – 1786) eingebaute barocke Königin der Instrumente zu sehen und zu hören. Vor seiner Orgelpräsentation berichtete Kirchenmusikdirektor Roman Emilius (* 1963) über die Geschichte von Orgel und Kirche. Sie wurde ursprünglich im 13. Jahrhundert als ehemalige Spitalskirche erbaut, 1604 zur heutigen Größe in nachgotischer Architektur ausgebaut und im frühen 18. Jahrhundert barockisiert. Im Rahmen dieser Verwandlung erfolgte auch der Einbau der Späth-Orgel, die 1986-1991 von der Bonner Orgelfirma Klais und 2005 noch einmal von dem Pfaffenberger Orgelunternehmen Ziegeltrum generalüberholt wurde. Sowohl infolge des Orgeleinbaus als auch durch den reichen Bilderzyklus an den umlaufenden Wänden der Empore ist St. Oswald ein barockes Kleinod.

Obwohl Regensburg bereits 1542 eine protestantischen Reichsstadt wurde, konvertierte die Kirchengemeinde von St. Oswald erst 1553 und avancierte damit zur ersten evangelischen Kirche. Sie diente dabei seit 1610 zur so genannten „Kinderlehr“ für den Katechismusunterricht, wovon in der Mitte der Decke eine von großen stuckierten Engeln gehaltene Inschrift in einem aufwendig durchbrochenen Rahmen eingefasstes Bildfeld mit einer Inschrift VERBVM DOMINI MANET IN ÆTERNVM (Das Wort des Herrn bleibt ewig) kündet. Hier in St. Oswald entfaltete der mit dem barocken Instrument bestens vertraute Emilius die volle Klanglichkeit mit repräsentativ ausgewählten Orgelstücken der Barockmeister Johann Krieger (1651 – 1735), Johann Pachelbel 1653 – 1706), Dietrich Buxtehude (1637 – 1707) und Johann Caspar Ferdinand Fischer (1646 – 1716/7), während der Blick der Zuhörerinnen und Zuhörer über die vielfältige Pracht der Ausstattung, das dagegen spartanische Chorgestühl, die mehreren herrschaftlichen Logen und die zwei Emporen umfassende barocke Gliederung des Kirchenschiffs sowie die ganz modernen Exponate einer Ausstellung moderner Kunst schweifte.

Der Nachmittag wurde von vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für einen eindrucksvollen Stadtrundgang genutzt, der vom Alten Rathaus seinen Anfang nahm. Dieses heute eher unscheinbar wirkende frühgotische Gebäude mit seinem hochgotischen Erker, der im ersten Stock aus dem Reichssaal einen Blick über die heraufziehende Straße freigibt, war bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806 Sitz des „Immerwährenden Reichstages“.

Diese dort seit 1663 tagende Institution mit ihrer arteigenen Organisationskultur hat in unserer deutschen Sprache einige geflügelte Worte hinterlassen. So das „Nicht mit mir auf einer Stufe stehen“, weil die unterschiedlichen Reichsstände auf gestuften Podesten ihre angestammten Plätze einnahmen. Oder: „etwas auf die lange Bank schieben“, wenn es darum ging, dass Abstimmungen der auf unterschiedlichen Langbänken sitzenden Vertreter des Immerwährenden Reichstages sich nicht in ihrer Bank einigen konnten. Und schließlich das „am grünen Tisch entscheiden“, wenn die Kurfürsten an ihrem mit grünem Samt ausgeschlagenen Tisch eine Entscheidung fällten.

 

Es schloss sich ein die Hauptsehenswürdigkeiten der mittelalterlichen Stadt auffädelnder Gang durch die steingewordene Geschichte Regensburg an: durch teilweise enge Gassen und über teilweise große Plätze. Dabei waren an der Steinernen Brücke, einem Meisterwerk mittelalterlicher Baukunst über die Donau, deutlich die im Volkslied besungenen, infolge ihrer starken Strömung und ihrer Enge an dieser Stelle erzeugten Strudel auszumachen.

Der Spaziergang durch die Baugeschichte Regensburgs führte zu dem ältesten, nur noch teilweise erhaltenen Bauwerk, dem Nordtor des römischen Castrum Regina, der heutigen Porta Praetoria, von der nur noch ein Torbogen des Legionslagers und einer der zwei Flankentürme existiert, dessen Mauern längst in das bischöfliche Brauhaus integriert sind und über dessen Biergarten man direkt auf den nördlichen Eingang des Regensburger Domes zugehen kann.

Folgt man diesem Weg, gelangt man direkt an das Epitaph des letzten Reichserzkanzlers Carl Theodor von Dalberg, der 1817 trotz seiner Regensburger Erzbischofswürde völlig verarmt in einem gemieteten Bett verstarb und dann im Regensburger Petersdom beigesetzt wurde.

Der Regensburger Dom ist als Bischofssitz das Hauptwerk der gotischen Architektur Bayerns. Allerdings ist Eigentümer der Kathedrale nicht das Bistum, sondern historisch bedingt der Freistaat.

Der Sonntag begann im südlichen Querschiff des Domes gegenüber der seit 2009 dort an vier 3 cm starken Stahlseilen hängenden Hauptorgel, in dessen Zentrum der Organist mit einem Fahrstuhl hineinfahren kann, wenn er nicht am zweiten Orgelspieltisch neben der Sakristei sitzt. Die größte, frei schwebende Schwalbennestorgel in der Kathedrale verdankt ihre konstruktive Einmaligkeit den Auflagen des Denkmalschutzes, wonach durch die neue Orgel weder Fenster verdeckt, noch Wände in ihrer Traglast benutzt werden durften.

Das von der österreichischen Orgelfirma Rieger aus Schwarzach in Vorarlberg konzipierte, 2009 fertig gestellte Instrument begleitete den liturgischen Verlauf der Kapitelmesse. Infolge der zum Zeitpunkt des Besuchs in Bayern noch anhaltenden Ferienzeit mussten alle Besucher des Hochamtes auf die Stimmen der bekannten „Regensburger Domspatzen“ verzichten. Gleichwohl konnte sich unsere Gruppe der Orgelfreunde an dem längeren konzertanten Orgelnachspiel des Regensburger Domorganisten Prof. Franz Josef Stoiber (* 1959) erfreuen. Er bot die Fantasie G-Dur von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) und eine symphonische Improvisation über eines der gerade gesungenen Lieder dar. Im Anschluss daran begrüßte er die um Rainer Noll Gescharten von der Klangfülle der Hauptorgel Überwältigten und stand für erläuternde Fragen zur Verfügung.

Vor Verlassen der Kirche konnten diejenigen Mitglieder unserer Gruppe, welche sich das erste Mal in St. Peter befanden, sowohl die im Boden eingelassene Grabplatte für Carl Theodor von Dalberg als auch das von seinem Neffen Emmerich Joseph Herzog von Dalberg (1773 – 1833) errichtete klassizistische Epitaph des italienischen Künstlers Luigi Zandomenghi (1778 – 1850) aus Carrara-Marmor in den Dimensionen von 4 Meter Höhe und 1,80 Meter Breite besichtigen.

Nach dem Besuch des Domes ging es mit dem Bus heimwärts nach Rüsselsheim und auf dem Weg dazu zu einem weiteren Stopp zur Zisterze Ebrach. Dabei handelt es sich um die ehemalige Klosteranlage der Zisterzienser im Tal der Aisch im fränkischen Steigerwald, die heute als JVA genutzt wird. Grund für diese Station war die Teilnahme an der im Rahmen des Ebracher Musiksommers in der Abteikirche zum Klingen gebrachten Sechsten Symphonie in A-Dur von Anton Bruckner (1824 – 1896) durch die „Philharmonie Festiva“ unter dem Dirigat von Gerd Schaller (* 1965), die vom Bayerischen Rundfunk live gesendet wurde.

Durch die zeitige Ankunft in Ebrach konnten das durch ihre auffällig charakteristische Fensterrose über dem nach Westen ausgerichteten Eingangsportal, das den Kirchenraum lettnerhaft abschließende, kunstvoll geschwungene schmiedeiserne Rokokogitter und die vielfältige Ausgestaltung der gewaltig dimensionierten Kirche besichtigt werden. Der Nachmittags- und Abendsonnenschein tauchte die dreischiffige Basilika mit den dem Bamberger Dom nur wenig unterlegenen Maßen von 88 Meter Länge und 49 Meter Breite in ein durch die im 18. Jahrhundert in spätem Rokoko und frühklassizistischen, auf hellen Gelbtönen basierenden Ausgestaltungen des Innenraums in ein angenehmes sonnengelbes Licht und damit in eine fast überirdische Helligkeit.

Die der Heiligen Maria, dem Evangelisten Johannes und Nikolaus geweihte Abteikirche wurde im 13. Jahrhundert frühgotisch begonnen und während fast einhundertjähriger Errichtung mit der Westfassade hochgotisch vollendet. In ihr befindet sich eine dem Rosenfenster in der Pariser Kirche Notre Dame ebenbürtige Fensterrosette intensiver Farben mit einem Durchmesser von fast acht Metern. Aus drei Gründen ist die Abteikirche von überragender kultureller Bedeutung für die deutsche Architekturgeschichte: zum einen ist sie der erste Sakralbau in einem Kloster, zum zweiten ein in ihrer äußeren erhaltenen Gestalt ein großartiges Beispiel spätromanischen und zugleich frühgotischen Kirchenbaus in Deutschland sowie zum dritten ein komplett erhaltener Beleg stilreiner Innenausstattung des ausschwingenden 18. Jahrhunderts, der in Deutschland seinesgleichen sucht. Maßgeblichen Anteil daran haben zwei Würzburger Künstler: Materno Bossi (1737/9 – 1802) als Stuckateur und Johann Peter Wagner (1730 – 1809) als Bildhauer.

 

Im Anschluss an das exzellente Konzert in der Abteikirche, das eine besondere Interpretation der Bruckner`schen Sechsten darbot, gab es noch zur Stärkung vor der Rückfahrt ein lukullisches Mahl nach Wahl im der Abteikirche gegenüberliegenden ehemaligen Brauhaus und heutigen Historikhotel Klosterbräu. Neben typischer fränkischer Kost waren viele Rainer Nolls schon auf der Hinfahrt ausgesprochener Empfehlung gefolgt und hatten unterschiedlich zubereiteten Karpfen aus dem Aischgrund geordert.

Der letzte Höhepunkt der eindrucksvollen Orgelfahrt folgte nach der allseits genossenen abendlichen Speise mit einer exklusiven Orgelführung durch Rainer Noll an zwei der drei Orgeln in der Abteikirche von Ebrach. Zunächst entwickelte Noll eindrucksvolle Klänge an der Hauptorgel, die sich auf der Empore unterhalb der großen Rosette in der Westwand der Kirche befindet und mit ihrem Prospekt die Rundungen auf das magisch blaue Auge des verbleichenden Abends freiließ.

Die ursprünglich von dem Würzburger Hoforgelmacher Johann Philipp Seuffert (1693 – 1780) gebaute Orgel wurde zu Beginn des 20. Jahrhundert von der Orgelbaufirma Steinmeyer aus Oettingen unter Verlust von 60 % der Originalpfeifen des Instruments romantisiert. 1984 rekonstruierte sie der Passauer Orgelbauer Eisenbarth mit dem Ziel der Schaffung einer großen Konzertorgel; was Noll durch seine dargebotenen Stücke eindrucksvoll belegen konnte.

Sodann intonierte der Kelsterbacher Kantor auf der sehr viel kleineren nördlichen Evangelienorgel von 1759, die lediglich zur Begleitung von Chorgesang diente und wie die ihr an der Südseite gegenüberliegende Schwesterorgel, die Epistelorgel von 1753, infolge der mit dem Kirchenschiff verlaufenden Anordnung der Spieltische auch Orgelduos ermöglicht. Beide Chororgeln stammen von dem Frankfurter Orgelbauer Johann Christian Köhler (1714 – 1761), dem bedeutendsten Vertreter des südhessischen Orgelbaus, und wurden erst wieder 2012 nach fach- und sachkundiger Restaurierung durch die schon hinlänglich bekannte Bonner Orgelfirma Klais der Musik zurückgeweiht. Trotz des schwierig zu spielenden historischen Manuals und Pedals gelang es Rainer Noll ein letztes Mal auf dieser Orgelfahrt auch mit für dieses Instrument charakteristischen Stücken seine Meisterschaft als Organist überzeugend unter Beweis zu stellen.

Für die vielen einzigartigen visuellen und akustischen Eindrücke, die Rainer Noll durch seine gut organisierte und umsichtig geplante Orgelfahrt bei allen Mitreisenden veranlasst hat, sei mit diesem nachklingenden Beitrag herzlicher Dank abgestattet, insbesondere für seine für die Orgelfreunde aufgewendete kostbare Zeit und seine Wertschätzung. Wohlbehalten kamen wir vor Mitternacht in Rüsselsheim auf dem Theaterparkplatz wieder an.

Klaus Slapnicar

Orgelfahrt durch den Odenwald

 Am Samstag, dem 4. September 2010, richtet Rainer Noll für das Dekanat Rüsselsheim wieder eine Orgelfahrt aus.

Abfahrt: Samstag, 4.9.2010, 8 Uhr, am Stadttheater Rüsselsheim („Treff“), wo kostenlose Parkplätze vorhanden sind. Rückkehr ca. 21:30 Uhr.

Fahrt mit modernem Reisebus der Fa. Sippel, alle Eintrittspreise für Führung durch die Werkstatt der Orgelbaufirma Vleugels in Hardheim, Orgelkonzert und Führung in der Abtei Amorbach: 47 € pro Person. Die Mahlzeiten sind nicht im Preis inbegriffen, Teilnahme frei nach Belieben und Absprache (Speisekarten zur Vorbestellung werden im Bus herumgereicht).
Plan: Fahrt durch den Odenwald nach Miltenberg (Besichtigung der Vleugels-Orgel in St. Jakobus), Mittagsbrotzeit im Kloster Engelberg (mit herrlichem Ausblick über das Maintal), Werkstattführung bei der Orgelbaufirma Vleugels in Hardheim, 16 Uhr Abschlusskonzert der Orgelmasterclass von Prof. Clemens Schnorr (Münsterorganist in Freiburg) auf der Stumm-Orgel von 1782 in der Benediktinerabtei Amorbach, anschl. Abteiführung, 18 Uhr Abendessen in der nahen Gaststätte Brauerei Etzel, Rückfahrt über die Autobahn.

Die Teilnehmerzahl muss wegen der Busgröße auf 40 begrenzt werden, so dass eine Anmeldung nach Erfüllung dieses Kontingents nicht berücksichtigt werden kann. Offizieller Anmeldeschluss: 7.8.2010. Auskünfte und verbindliche Anmeldungen bei Kantor Rainer Noll.


Orgelfahrt 2010 nach Miltenberg, Hardheim und Amorbach

„Eine Orgel ist eine Orgel, ist eine Orgel“!  Richtig, eine Orgel ist eine Orgel, aber wie verschieden Orgeln klingen, wie sie aussehen und wie sie sich bespielen lassen, das erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Orgelfahrt am 4. September 2010 in feinster Ausführung.Die ausgebuchte Busreise unter der Leitung von Kantor Rainer Noll, Kelsterbach,  führte an den Main nach Miltenberg und Amorbach und zur Besichtigung der  Orgelbaufirma Vleugels in Hardheim, das ca. 20 km von Miltenberg entfernt liegt.

Am Abend vor der Fahrt lud Rainer Noll in die Lutherkirche nach Rüsselsheim ein, um über die Geschichte der Orgel, ihren Aufbau und ihre Funktion zu informieren. Eine große Zahl der angemeldeten Orgelfahrtteilnehmer nahm die Gelegenheit wahr, um zu hören,  was Register, Windladen, Klangfamilien, Pedale und anderes mehr sind; nach der Devise: Was sie schon immer wissen wollten!

Das erste Tagesziel dann am 4. September war Miltenberg am Main und die katholische Pfarrkirche „ St. Jakobus der Ältere“.

Empfangen wurden die Orgelfreunde von der Dekanantskirchenkantorin Stephanie Hillebrand, die Gotteshaus und Orgel mit Sachverstand, Temperament, Witz und musikalischem Können vorstellte. 2004 baute die Firma Vleugels die neue dreimanualige Orgel mit 2004 Pfeifen! Allein der Orgelprospekt von 1699 blieb im barocken Stil erhalten. Anekdote an Anekdote reihte Frau Hillebrand und fesselte mit ihren Erklärungen und ihrem Spiel ungemein.

Die Stadt Miltenberg habe den Orgelneubau finanziell stark unterstützt, ein eigenes Register, das 2004. setze einen Posaunenengel in Betrieb, der beim Drehen ein Schiffshorn erkennen lässt und dem Bürgermeister der Stadt als auch dem ehemaligen Pfarrer (inzwischen Weihbischof in Würzburg) die Referenz erweist.

Herrliche Register zog die sympathische Kantorin, mechanische Spielwerke wie Zimbelstern, Kuckucksruf, Nachtigall, Pauke, Glockenspiel. Eine Orgel ist eben eine Orgel, diese gebaut von der Firma Vleugels. Für die Kantorin, die ihre Stelle um 2004 antrat, kreierte Orgelbauer Vleugels ein besonderes Frauen-Register, das „Pinselregister“. Im Registerzug, der ganz ausziehbar ist, steckt ein kleiner Pinsel, mit dem die Tasten säuberlich gehalten werden sollen.

So treffen sich Witz und Spielfreude beim Orgelbauer und der Musikerin. Kantor Lindemann wagte sich nach Ermunterung durch die Kollegin Hillebrand an den Spieltisch und intonierte etwas „Französisches“.

Losreißen mussten sich Orgelfreunde von der herrlichen Orgel, der gespielten Musik, den Erklärungen  und Anekdötchen der beeindruckenden Kantorin, denn im „Kalt-Loch-Bräustübl“ in der Altstadt Miltenbergs war Essen vorbestellt.

Anschließend fuhr der Bus alle nach Hardheim zur Orgelbaufirma Vleugels.

Gegründet wurde die Orgelbaufirma 1855, sie ist eine der größten Orgelbauwerkstätten Süddeutschlands mit ungefähr 20 Beschäftigten. Beeindruckend war die gute Einführung durch einen Film und anschließend die Führung von Hans-Georg Vleugels und Frau Vleugels durch die Werkstätten.

Moderne Orgelprospekte, die sich harmonisch in alte Kirchen einfügen, gehören ebenso zum Standartprogramm von Vleugels als auch das Restaurieren alter oder maroder Orgeln. Vleugels arbeitet mit computergestützten Programmen beim Entwerfen neuer Orgeln, er zieht Künstler zum Gestalten der Prospekte hinzu und ist bemüht, Klang und äußere Schönheit einer Orgel miteinander zu verbinden. Leider konnte die gute Führung wegen des Konzerts um 16 Uhr in Amorbach nur in einer Kurzfassung geboten werden.

Ein Abschlusskonzert in der Basilika zu Amorbach beendete den musikalischen Teil der Orgelfahrt. An der Stummorgel von 1782 spielten  Meisterschüler von Prof. Klemens Schnorr,

Freiburg, Orgelstücke von J.S. Bach, J.G. Rheinberger und Francois Couperin. An das Konzert schloss sich eine Führung an, die Entwicklung und Geschichte der ehemaligen Benediktinerabtei, die um 740 gegründet wurde, erklärte. Die Abteikirche im Rokokostil wurde zwischen 1742 und 1747 vom Kurmainzer Hofbaumeister Maximilian von Welsch geschaffen.

Nach der Säkularisierung wurde die Abteikirche eine evangelische Pfarrkirche.

Um 1780 erweiterte man die Klosteranlage um den Konventbau mit Refektorium, Grünem Saal und der Bibliothek mit über 35.000 Bänden Sie zählt zu den bedeutenden und schönsten Bibliotheken des 18. Jahrhunderts. Baumeister war Ignaz Neumann, ein Sohn Johann Balthasar Neumanns (Würzburg). Besitzer von Schloss und Kirche ist heute der Fürst zu Leiningen.

Die Orgelfahrt klang aus mit einem gemeinsamen Abendessen in Amorbach bei fränkischen Bier,  fränkischer Kost, Gesprächen und der Heimfahrt im Bus der Firma Sippel. Dank an Herrn Noll, der den Tag organisiert und durchgeplant hatte.

Neue Klänge und neue Orgeln warten 2011, wohin die Reise geht, ob für zwei Tage oder für einen,  das wird sich finden!

13.09.2010/Renate Schellhaas

Reisebericht zur Orgelfahrt 2007

Die „Kulinarische Orgelfahrt“ ins Land Albert Schweitzers und der Silbermannorgeln am 1./2. September 2007

Die traditionelle jährliche „Orgelfahrt“ war auch diesmal ein nachhaltiges Erlebnis für die 34 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die zweitägige Exkursion im modernen klimatisierten Reisebus hatte Kantor Rainer Noll, der in Kelsterbach wirkt und im Er-bacher Hof bei Wiesbaden lebt, für das Evangelische Dekanat Rüsselsheim liebevoll bis ins Detail vorbereitet. Stadtkirchenkantor Jens Lindemann begleitete die Reisegruppe, zu der auch seine Orgelschüler Christian Hopp und Jan Ulzhöfer gehörten, vom Startpunkt am Rüsselsheimer Stadttheater bis ins Ziel und auf den weiteren Wegen durch das Elsaß. Die Anfahrt am sonnigen 1. September dauerte wegen einer LKW-unfallbedingten Autobahntotalsperrung vor Karlsruhe wesentlich länger als geplant. Deshalb musste die erste Station in Straßburg-Kronenburg mit Orgelbesichtigung in der Erlöserkirche übersprungen und auf das Mittagessen in einer typischen Ferme Auberge (Bergbauerngasthof) in den Vogesen verzichtet werden. Die Reisegruppe wurde dafür mit einer Weinprobe mit Gugelhopf im Wein-gut Laurent Bannwarth in Obermorschwihr entschädigt. Dort begrüßte uns Rainer Noll, der schon voraus gefahren war. Die als „kulinarische Orgelfahrt“ apostrophierte Reise sollte ihr verheißungsvolles Versprechen mit gleich mehreren Glanzlichtern einlösen. Die elsässische Küche, die Silbermann-orgeln und die nach Plänen von Albert Schweitzer gebauten Orgeln, die Rainer Noll, Jens Lindemann und Christian Hopp mit Werken von Johann Sebastian Bach und moderneren französischen Meistern zu Gehör brachten sowie der Besuch im Albert-Schweitzerhaus in Günsbach im Münstertal – seinem heimatlichen Refugium, das er 1928 mit dem Geld des Gorthepreises der Stadt Frankfurt bauen ließ, waren wie ein Dreigestirn, das über der Fahrt leuchtete. Untergebracht war die Gruppe, der in der Mehrzahl Gemeindemitglieder aus Kelsterbach und Rüsselsheim angehörten, im „Le

Kleebach“ oberhalb von Günsbach. Im „Kleebach“ einem Ferienzentrum für Sänger und Musikvereine fühlte man sich unwillkürlich an den den wunderbaren franzöischen Film „Die Kinder des Monsieur Matthieu“ erinnert, wenn hinter den Türen Gesang zu vernehmen war. Nach dem Abendessen wurde die erste Orgel in der Pfarrkirche zu Günsbach besichtigt. Sie ist die letzte nach Schweitzers Plänen 1961 von Alfred Kern gebaute Orgel. Dessen Sohn Daniel Kern hat die Orgel in der wieder auferstandenen Frauenkirche in Dresden geschaffen. Die schon erwähnten drei Organisten sorgten für die Atmosphäre kirchenmusikalischer Andacht. Am Sonntag stand zunächst der Besuch im Wohnhaus Albert Schweitzers, dessen Räume größtenteils im Originalzustand belassen sind, auf dem Programm. Hier hat Rainer Noll in den Jahren 1982-89 den musikalischen Nachlass des großen Menschenfreundes, Urwaldarztes, Organisten und Komponisten geordnet und katalogisiert. Der Aufenthalt im Arbeits- und im Wohnzimmer des Nobel- und Goethe-preisträgers mit dem gleichen Ausblick auf seinen wunderschönen Garten, den er ge-nossen hat, zählt sicherlich nicht nur zu den Höhepunkten der Reise in das Land der Silbermannorgeln und der „Elsässischen Orgelreform“, deren Initiator Albert Schweitzer war, sondern auch zu den Höhepunkten im Leben der Exkursionsteilneh-mer. Der spiritus des Urwaldarztes und Lambarenes waren in seinem Haus gegen-wärtig. Ihm zu Ehren nahm die Gruppe anschließend am Festgottesdienst anlässlich seines 42. Todestages (am 4.9.) in der Pfarrkirche Günsbach teil. Die Predigt im Gottesdienst in deutscher und französischer Sprache hielt Dr. Bernard Kaempf, Theologieprofessor in Straßburg. Nach diesem spirituellen Erlebnis hieß es Abschied nehmen von Günsbach und Albert Schweitzer. Colmar und die L’Eglise St. Matthieu mit der restaurierten Silbermannorgel von 1732 waren das nächste Reiseziel. Rainer Noll, Jens Lindemann und Christian Hopp musizierten zu aller Freude auch hier. Zur Erinnerung an den Klang dieser Orgel konnten bei Rainer Noll CD‘s mit Live-Orgelmitschnitten von Konzerten, die er an dieser Orgel von 2002 bis 2006 gegeben hatte, erworben werden. „Wer ist die schönste Orgel im ganzen Land (Elsass) ?“ könnte man fragen. Die Antwort hierauf wurde am letzten Zielort Ebersmünster in der Abteikirche St. Maurice, der schönsten Barockkirche des Elsass, gegeben. Hier – an der besterhaltenen Silbermannorgel – zogen Rainer Noll, Jens Lindemann und auch Christian Hopp mit wahrer Spielfreude und großer Freude über dieses schöne Instrument alle Register. Gegenüber der Abteikirche, im Restaurant „Des Deux Clefs“, wurde das vorbestellte elsässische Menue in zwei Variationen eingenommen.

Gerne hätten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der „Kulinarischen Orgelfahrt“ 2007 hier den Abend noch länger ausklingen lassen. Nach einer wahrhaft erlebnisreichen und stimmungsvollen Exkursion kehrte der Reisebus am Sonntag-abend um exakt 23 Uhr an seinen Ausgangspunkt in Rüsselsheim zurück. Der letzte Satz dieses Reiseberichtes gilt Rainer Noll: Herzlichen Dank !

Christian Torsten Otto

Kulinarische Orgelfahrt ins Elsass (2007)

Kulinarische Orgelfahrt ins Elsass am 1. – 2. September 2007

Am Samstag und Sonntag, dem 1. und 2. September, richtet Rainer Noll für das Ev. Dekanat Rüsselsheim eine kulinarische Orgelfahrt ins Elsass aus. Das Elsass ist nicht nur das Land der Silbermannorgeln, sondern auch das Ursprungsland der „Elsässischen Orgelreform“, deren Hauptinitiator Albert Schweitzer war. Sie mündete nach dem 1. Weltkrieg in die „Orgelbewegung“, die dann jahrzehntelang die deutsche Orgelszene beherrschte.

Auf dem Programm stehen die Orgeln in St. Sauveur Straßburg-Kronenburg (erste nach Schweitzers Plänen 1907 von Dalstein & Haerpfer gebaute Orgel), Pfarrkirche Günsbach (letzte nach Schweitzers Plänen 1961 von Alfred Kern gebaute Orgel – Vater von Daniel Kern, der die Orgel der neuen Frauenkirche in Dresden erbaute), sowie die beiden restaurierten Silbermannorgeln von 1732 in St. Matthieu in Colmar (eine der schönsten gotischen Kirchen – von hier sind drei CDs mit Live-Orgelkonzertmitschnitten von 2004-06 mit Rainer Noll erhältlich) und in der Abteikirche St. Maurice Ebersmünster im elsässischen Ried (schönste Barockkirche des Elsass mit besterhaltener Silbermannorgel).

Abfahrt ist um 7:30 Uhr in Rüsselsheim mit modernem klimatisiertem Reisebus mit WC. Im Reisepreis von 97 € sind enthalten: die Fahrt, das Abendessen am 1.9. im gerade modernisierten Musikzentrum „Le Kleebach“ oberhalb Günsbach im Münstertal, wo auch übernachtet wird, das Frühstück und Mittagessen am 2.9. im „Kleebach“ (beste elsässische Küche), Besuch des Schweitzer-Hauses in Günsbach (Heimatdorf Albert Schweitzers), eine Weinprobe mit Gugelhupf bei Laurent Bannwarth in Obermorschwihr sowie natürlich alle Orgelbesichtigungen. Wichtig: die Verteilung der Schlafplätze muss aus Platzgründen auch auf Zweier- bis Viererzimmer erfolgen, da nur wenige Einzelzimmer zur Verfügung stehen (Aufpreis: 10 €).

Am Sonntagmorgen (2.9.) um 10:30 Uhr findet in der Günsbacher Kirche ein Festgottesdienst zum 42. Todestag von Albert Schweitzer (gest. 4.9.1965) statt (Predigt: Dr. Bernard Kaempf, Theologieprofessor in Straßburg) – der Besuch steht den Teilnehmern frei. Sonntags abends ist um 18:30 Uhr nach dem Orgelbesuch in Ebersmünster ein Abschlussessen auf eigene Kosten im gegenüber der Abteikirche gelegenen exzellenten Restaurant „Des Deux Clefs“ vorgesehen (begrenzte Menuwahl vorab: Zander in Matelote-Weißweinrahmsauce und elsässischen Nudeln oder Quiche Lorraine/Salat plus Dessert, 8,50 – 20 €). Rückkehr ca. 22-23 Uhr.

Die Teilnehmerzahl muss wegen der begrenzten Schlafplätze auf 30 begrenzt werden, so dass eine Anmeldung nach Erfüllung dieses Kontingents nicht berücksichtigt werden kann. Anmeldeschluss: 22.8.2007. Auskünfte und verbindliche Anmeldungen bei Kantor Rainer Noll per Post Heerstr. 15, 65205 Wiesbaden, oder per Tel. 06122/8590, Fax 06122/140855 oder E-Mail: Erbacher.Hof@t-online.de (unbedingt Adresse, Telefon, Fax, Mail und Zimmerwünsche angeben, auch wenn diese nicht garantiert werden können). Einzelheiten werden den Teilnehmern unmittelbar nach Anmeldeschluss, bzw. nach Erreichen der maximalen Teilnehmerzahl, mitgeteilt.

Orgelstudienfahrt nach Paris

11. bis 14. Oktober 1980
(erschienen in „Dienst der Kirche“ 4/1980)
„Wenn es wahr ist, daß wir im Zeichen des Verkehrs stehen, so muß doch auch zugestanden werden, daß er nicht allen Gebieten der Kunst in gleicher Weise zugute gekommen ist. Daß die künstlerischen Grenzwälle trotz der Zeichen des Verkehrs existieren, mehr als man meinen sollte, wird mir jedes Mal klar, wenn ich mit einem französischen Organisten von deutschen Orgeln und deutscher Orgelkunst, mit einem deutschen von französischen Orgeln und französischer Orgelkunst rede.“

So leitete Albert Schweitzer 1906 seine Schrift „Deutsche und französische Orgelbaukunst und Orgelkunst“ ein, mit der er den Dialog zwischen den beiden Orgelwelten anregen wollte. Heute, fast am Ende des Jahrhunderts angelangt, stehen wir noch immer mitten in diesem Dialog, der noch lange nicht zu Ende geführt ist. Allerdings: Das gegenseitige Interesse ist heute größer denn je. Die Internationale Orgeltagung der GdO 1977 in Paris war überlaufen.

In St. Joseph in Bonn-Beuel ist derzeit eine neue Orgel in der Planung, die im Mai/Juni 1981 durch eine Reihe von Konzerten mit Pariser Organisten der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Das dreimanualige Werk wird nach Grundsätzen Cavaillé-Coll’s disponiert.

Kein Wunder, daß der Organist an St. Joseph in Bonn-Beuel und Organiste honoraire de St. Joseph à Paris, Hans Peter Reiners, eine Orgelstudienreise nach Paris vom 11. bis 14. Oktober 1980 organisierte, die auf lebhaftestes Interesse stieß.
Die Organisation möchte ich vorbildlich nennen. Jeder Teilnehmer erhielt rechtzeitig zum Studium die Schrift „Orgeln in Paris“ von Hermann. J. Busch, den Sonderdruck aus ISO-Information „Die französische Orgel“ von Georges Lhôte sowie einen Stadtplan von Paris, in dem die zu besichtigenden Kirchen verzeichnet waren. Während der Busfahrt bekam noch zusätzlich jeder Teilnehmer die Schrift „Überlegungen zur Restaurierung von Cavaillé-Coll-Orgeln“ von Daniel Roth, Organist an Sacré-Coeur, übersetzt von Brigitte Strüder, die auch während der Studienreise als ausgezeichnete Dolmetscherin mit Orgelfachkenntnissen zur Verfügung stand. Drei weitere Artikel zum Thema der Reise wurden im Bus herumgereicht. Ein detailliertes Programmheft und eine Teilnehmerliste ergänzten den guten Informationsservice. Auch die Unterkunft im Hotel Ajiel war angenehm.

Gleich nach der Ankunft erwartete uns die Orgelvorführung in St. Augustin, die wegen Erkrankung von Hausorganistin Suzanne Chaisemartin von der Studentin Kimberley Marshall vorgenommen wurde, was wir nicht zu bedauern brauchten (ein Talent, von dem die Musikwelt noch hören wird). Besonders bemerkenswert die Schönheit der überblasenden Flöten in Widors Andante sostenuto aus der Symphonie Gothique und die Klarheit in einem Trio über „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“ von J. S. Bach. Hier zeigten sich bereits zwei Dinge, die wir dann in den folgenden Tagen voll bestätigt fanden:

 

  1. Der romantische französische Orgelbau integrierte sehr stark Elemente des klassischen französischen Orgelbaus und bedeutet keinen Bruch mit der Tradition, sondern ist deren erweiterte Fortführung.
  2. Den legendären Überhall der großen französischen Kirchenräume suchten wir vergebens. Selbst in den größten Räumen waren wir überrascht von der Klarheit, mit der die Klänge den Hörer erreichten. Eine Tatsache, die für die hohe Mensurations- und Intonationskunst der französischen Orgelbauer spricht. Das (leider wenig befriedigende) Orgelkonzert von Ulrich Stuers (Krefeld) in Notre Dame hörten wir allerdings auf den für den Publikumsverkehr sonst nicht zugänglichen Seitenemporen und bei vollbesetzter Kirche (ca. 5000 Hörer!).

Noch am Ankunftstag spielte Altmeister Jean Langlais für uns César Francks Fantasie in A-dur und eine eigene Improvisation. Trotz zweier Umbauten ist die Schönheit des Instrumentes von Cavaillé-Coll in St. Clotilde immer noch überwältigend.

Der Anreisetag wurde abgeschlossen von einem Orgelkonzert in Notre-Dame-de-Lorette, das Denise Launay, die frühere Hausorganistin dieser Kirche, für uns gab. Hier hörten wir die erste von Aristide Cavaillé-Coll noch ganz im klassischen Stil erbaute Orgel (leider auch durch zahlreiche Umbauten verändert). Das Programm des Orgelvortrags erhielt dementsprechend hauptsächlich Werke älterer französischer Meister.

Nach einer Stadtrundfahrt erlebten wir am Sonntagmorgen eine Messe in St. Sulpice und anschließend ein Orgelkonzert mit Werken von Widor, Dupré, Grunenwald, also alles Werke von St.-Sulpice-Organisten, gespielt vom derzeitigen Stelleninhaber, Maitre Jean-Jacques Grunenwald.

Die Orgel von St. Ignace, dieser so ganz hinter einer Kaufhäuserfassade versteckten Kirche, führte ein Mitglied unserer Reisegruppe vor: Michael Veltman, der gerade erst das Abitur hinter sich hat, bewies dabei ein so überdurchschnittliches Talent, daß es eigener Erwähnung verdient. Das Instrument ist eine gelungene Verbindung eines Cavaillé-Coll-Werkes mit einem neuen, mehr barock ausgerichteten, aber auf das Gesamtwerk hin mensurierten und intonierten Rückpositivs der Firma Haerpfer-Erman (Baulay/Lothringen).
Diejenigen, die den Weg zu dem schon erwähnten Orgelkonzert in Notre-Dame zu Fuß zurücklegten, konnten noch einen Blick in die Kirchen St. Germain-des-Prés und St. Severin werfen.

Hatten wir morgens Paris „zu Lande“ besichtigt, so bot der Sonntagabend Gelegenheit, auf dem zugigen Oberdeck eines Seine-Bootes Paris vom Wasser aus kennen zu lernen.

Die Orgelführung in St. Louis-des-Invalides, die ich mit Franck, Boëllmann und Bach vorzunehmen gedachte, mußte wegen eines Requiems für den gerade verstorbenen Minister und Schriftsteller Alexandre San Ginetti entfallen. Die Orgeln in St. Joseph und Notre-Dame-de-la-Croix stellte uns Michel Estellet-Brun mit Improvisationen vor. In St. Joseph war besonders schön zu hören, wie man auf einer französischen Orgel ohne Registranten bruchlos vom Piano zum Fortissimo und zurück gelangt: in die gekoppelte Grundstimmenklangmasse der drei Klaviere werden bei geschlossenem Schwellkasten Zungen und Mixturen des Schwellwerkes mittels eines Fußtrittes unmerklich eingeführt, der Schwellkasten wird langsam geöffnet, dann folgen Zungen und Mixturen des Positivs, zuletzt die des Hauptwerkes (alles mittels der sogenannten Appels).

In Notre-Dame-de-la-Croix erregte zunächst die Chororgel von Cavaillé-Coll unser Staunen: das Werk vermochte mit nur 10 Registern das riesige, fast 100 Meter lange Kirchenschiff zu füllen (allerdings mit einem Winddruck von 140 mm WS, dabei aber kein harter oder „brüllender“ Klang!). Die Hauptorgel – eine der wenigen unverändert erhaltenen Cavaillé-Coll-Orgeln, aber ein Stiefkind der Pariser Orgelpflege – fanden wir im Verfallzustand vor. Eine spontane Sammlung erbrachte ca. DM 1500,-. Während wir anschließend auf unseren Empfang im Pariser Rathaus warteten, gründeten wir einen „Freundeskreis der Cavaillé-Coll-Orgel von Notre-Dame-de-la-Croix“ mit dem Ziel, die Hälfte der Restaurierungskosten aufzubringen, damit die Stadt Paris die andere Hälfte dazu gibt. Noch einmal hörten wir Michel Estellet-Brun: mit einem leider durch den Zustand der Orgel beeinträchtigten Orgelkonzert auf der Cavaillé-Coll-Orgel der Abtei Royaumont außerhalb von Paris.

Der Abreisetag enthielt zwei Orgelvorführungen. Jean Ver Hasselt spielte in St. Gervais die Messe des Paroisses von Francois Couperin auf der Orgel, für die dieses Werk einst geschrieben wurde und die heute noch fast vollständig erhalten ist. Die Cavaillé-Coll-Orgel in St.-Bernard-de-la-Chapelle wurde von Jesse Eschbach mit Werken von Franck und Vierne vorgeführt – angesichts des auch nicht gerade erfreulichen Zustandes des Instrumentes, das zudem keine Barkermaschine besitzt, eine bravouröse Leistung.

Was sich auf dem Papier nicht wiedergeben läßt, war das Erlebnis der durchaus unverwechselbaren Atmosphäre der Pariser Orgelwelt, das Erlebnis der majestätischen Würde, Feierlichkeit und Wärme des Klanges der französischen Orgel. Hans Peter Reiners zitierte in einem Anschreiben an die Teilnehmer der Fahrt das Wort Walter Suppers: „Wer alles mitmacht, ist selber schuld.“ Es muß nachträglich aber gesagt werden: „Wer nicht alles mitmachte, war auch selber schuld!“ Und wer in Paris nicht unbedingt ausschlafen wollte, fand spät abends noch Zeit, nach so vielen Kirchenbesuchen ein wenig Profan-Atmosphäre zu schnuppern. Wen wundert es, daß die zweite von Hans Peter Reiners geplante Orgelstudienreise nach Paris vom 26.2. bis 3.3.1981 (über Faschingssonntag!) bereits jetzt ausgebucht ist?!

Rainer Noll