Zum Tode von Pfarrer Max Beck

Rundmail vom 24.9.2013

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freunde und Bekannte, die Max Beck vielleicht von manchen Feiern und Konzerten oder auch nur Erzählungen kannten,

gerade traf die traurige Nachricht ein, dass Pfarrer Max Beck (30.3.1934 – 22.9.2012) am vergangenen Samstag im Advena-Hospiz in Wiesbaden-Erbenheim seiner schweren Krebserkrankung erlegen ist.

Die heimtückische Krankheit, die vor über zehn Jahren mit einem Darmtumor begonnen hatte und nun zu Metastasen vor allem in der Lunge führte, ging sehr gnädig mit ihm um. Viele große und kleine Reisen konnte er in dieser Zeit unternehmen und vor allem bis fast zuletzt seine geliebten Konzerte besuchen. Bis zuletzt war er voller Pläne. Er litt keine Schmerzen, wurde nur schwächer und brauchte die letzte Zeit ein Sauerstoffgerät. Vor allem aber blieb er ganz klar im Kopf.

Als ich ihn vor ca. 2 Wochen besuchte, beschäftigte er sich mit Jenseitsvorstellungen in der Bibel, und wir sprachen über die neuesten wissenschaftlichen Forschungen zum Alten Testament, über die er gerade las. Sofort stürzte er sich auf meinen mitgebrachten Vortrag über Bachs „Musikalisches Opfer“, den ich beim diesjährigen Bach-Konzert am 29.7., zu dem er nicht mehr kommen konnte, gehalten hatte. Am nächsten Tag rief er mich begeistert und wie erfrischt an, dass er bisher nichts Besseres zum Thema gelesen hätte, und nun sei er ganz gespannt auf den Live-Mitschnitt (bis jetzt konnte ich ihn leider nicht auf CD fertigstellen). In diesem Moment ließ seine Begeisterung nichts mehr von seiner Krankheit merken.

Als Student übte ich regelmäßig an der alten Orgel der Ev. Kirche in Wiesbaden-Bierstadt und im Gemeindesaal am Klavier, da ich selbst keines besaß. Oft lud dann anschließend Max Beck, der dort Gemeindepfarrer war, spontan zum Essen ein (er kochte ja ausgezeichnet!). Immer war dies mit ausgiebigen Interpretationsvergleichen aus seiner reichhaltigen Plattensammlung, wie ich keine hatte, und auf einer Stereo-Anlage, wie ich mir keine leisten konnte, verbunden, und das ging oft bis in die frühen Morgenstunden (seine Begeisterung kannte keine Grenzen, übrigens gerade auch für zeitgenössische Werke der Avantgarde).
Einmal hatte er die teuren Karten für ein ihm sehr wichtiges Konzert im Kurhaus zuhause vergessen. Da noch Zeit genug war, ließ er seine Frau dort warten, fuhr zurück in seine Wohnung … und trat kurzerhand die Tür ein, da die Frau die Wohnungsschlüssel in der Tasche hatte! Er bereute nicht, den Schaden später bezahlen zu müssen…

Unsere größte gemeinsame Tat war allerdings die Planung der neuen Orgel für die Bierstadter Kirche im Jahre 1972, die ich am 6. Mai 1973 mit einem großen Konzert einweihte. Zur Planungszeit war ich gerade mal 23 Jahre alt und zunächst noch Student in Hamburg, dann ab 1. August 1972 Kantor an St. Martin in Kelsterbach.
Ich erhielt nie einen offiziellen Auftrag und auch keine Bezahlung, aber ich warf mich derart vehement in diese Planung, dass kein Zweifel blieb, wie diese Orgel werden sollte. Mehrfach fuhr ich auf meine Kosten von Hamburg zu Sitzungen des Kirchenvorstandes und anderer Ausschüsse nach Bierstadt. Friedrich Bihn, der damalige Kantor des „Michel“ (St. Michaelis) in Hamburg und selbst Orgelsachverständiger und gelernter Orgelbauer (er wünschte mich damals zu seinem Nachfolger als Orgelsachverständiger in Hamburg), stand mir väterlich mit Rat und Tat zur Seite. Und Pfr. Max Beck ließ sich von meinem jugendlichen Feuer anstecken und glaubte einfach an mich und unterstützte meine Autorität beim Kirchenvorstand so, dass dieser mir in allen wichtigen Fragen folgte – gegen die Vorstellungen des Marktkirchenorganisten und amtlichen Orgelsachverständigen der EKHN, Hanns Brendel, und sogar gegen die Vorgaben des Landeskonservators Prof. Dr. Gottfried Kiesow, denen die Planung zu meinen Gunsten förmlich aus der Hand genommen wurde. Ein sicherlich ganz einmaliger Vorgang (eine „Singularität“, würde man in der Astronomie sagen).

Inspiriert vom Orgelideal Albert Schweitzers, kam dabei eine neue Orgel heraus, die auch eine authentische Wiedergabe der Orgelwerke der deutschen und französischen Romantik ermöglicht – damals der Zeit weit voraus, heute eine Selbstverständlichkeit (siehe dazu hier). Im April 1974 spielte ich sogar Charles-Marie Widors 10. Orgelsymphonie („Symphonie Romane“ op. 73) in gültiger Weise darauf im Konzert, wo man bei einer Orgel dieser Größe eher eine klangliche Karikatur dieses Werkes erwarten würde.

Die Trauerfeier findet am kommenden Montag, dem 1. Oktober, um 11 Uhr auf den Nordfriedhof in Wiesbaden (Platter Str.) statt.

Gemäß einem früher einmal geäußerten Wunsch plane ich, „Herzlich tut mich verlangen nach einem selgen End“ und „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ von Johann Sebastian Bach zu spielen.

Die Reihen lichten sich…

Herzliche Grüße,

Ihr Rainer Noll

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